Traditionell getrockneter Stockfisch von den Lofoten ist ein Lebensmittel mit geschützter geografischer Angabe.

Traditionell getrockneter Stockfisch von den Lofoten ist ein Lebensmittel mit geschützter geografischer Angabe.
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Aufgetischt: Die kulinarischen Genüsse Norwegens

Kulinarik
Norwegen
Tradition

Die bergige Inselgruppe Lofoten ist nicht nur landschaftlich einmalig, sondern bringt auch eine weltbekannte Fischdelikatesse hervor: den Skrei, der jedes Jahr von Januar bis April gefangen wird.

Jeden Winter steht er auf den Speisekarten der gehobenen Fischrestaurants, und zwar nicht nur in Skandinavien, sondern längst auch in Mitteleuropa: der Skrei, auch bekannt als Winterkabeljau (Gadus morhua). Aber was macht ihn so besonders? Im Gegensatz zum »normalen« Kabeljau aus dem Nordatlantik und den kleinen Exemplaren aus der Ostsee, bei denen man von Dorsch spricht, lebt er in der eisigen Barentssee. Sobald die Tiere mit fünf bis sieben Jahren geschlechtsreif sind, wandern sie zum Laichen in die Gewässer an der nordnorwegischen Küste, wo der Golfstrom für eine Wassertemperatur von sieben Grad sorgt.

Diese über tausend Kilometer weite Reise zum Zweck der Fortpflanzung findet jeweils zwischen Januar und April statt und lässt das Fleisch besonders fest werden. Das zubereitete Filet ist so zart, dass es unter der Gabel zerfällt, aber auch die Zunge gilt gebraten als Delikatesse. Die größten Skreis (was auf Norwegisch übrigens »Wanderer« bedeutet) tummeln sich in den Fluten rund um die Lofoten und die benachbarte Inselgruppe Vesterålen. Der Name »Lofoten« lässt sich mit »die Luchspfote« übersetzen und geht auf die Form des Archipels zurück, der aus rund 80 Inseln besteht und wie eine Tatze ins Nordmeer ragt. Die größte und östlichste Insel heißt Austvågøya. Diese trägt den Hauptort Svolvær mit knapp 5000 Einwohnern – die einzige Stadt auf der Inselkette.

Auf der Lofoten-Insel Vikten liegt Nordnorwegens älteste Glashütte (Glasshytta Vikten).
© Dan Mariner
Auf der Lofoten-Insel Vikten liegt Nordnorwegens älteste Glashütte (Glasshytta Vikten).

Außerdem beginnt am nordöstlichen Zipfel, an der Wasserstraße Raftsundet, die die Inselgruppen Lofoten und Vesterålen voneinander trennt, eine der 18 norwegischen Landschaftsrouten (Nasjonal turistveg Lofoten). Die 230 Kilometer lange Strecke verbindet zahlreiche Inseln, Ortschaften und Sehenswürdigkeiten. Auf halber Strecke liegt das Wikingermuseum »Lofotr«, und ganz am Ende bietet die Ortschaft Å i Lofoten mit dem ganzjährig geöffneten Fischerdorfmuseum (Norsk Fiskeværsmuseum) und dem einzigen Stockfischmuseum der Welt faszinierende Einblicke in eine vom Fischfang geprägte Lebensart.

Loftofischer und »Rorbuer«

Über Jahrhunderte prägten die ertragreichen ersten Monate des Jahres den Lebensrhythmus der sogenannten Lofotfischer. Es gab Zeiten, da waren rund um den Archipel bis zu 30.000 Fischer auf 6000 Booten unterwegs. Weil sie sich nur zur Skrei-Saison auf den Inseln aufhielten, hatten sie dort keine richtigen Wohnhäuser, sondern nur einfache »Rorbuer« (Ruderhütten), mit roter Tran­farbe angestrichene Holzhäuschen. Viele davon werden heute als Ferienhäuser vermietet. Heute gibt es auf den Lofoten noch etwa 2000 Berufsfischer, und der Skrei hat mittlerweile den Status einer zertifizierten Spezialität erlangt. Damit ein Fisch unter diesem Namen verkauft werden darf, muss er unter bestimmten Auflagen gefangen worden sein: nicht mit Netzen, sondern nur nachhaltig mit Leine oder Angel. Die Vorschriften des Norwegian Seafood Councils (NSC) regulieren zudem Vorgehen und Tempo bei der Verarbeitung der Fische.

Aus der Zeit, als es noch keine Kühlschränke und Gefriertruhen gab, stammen außerdem zwei traditionelle Methoden des Haltbarmachens durch Trocknen: Die Fische wurden entweder im Ganzen an riesigen Holzgestellen aufgehängt und so zu Stockfisch verarbeitet, oder sie werden gesalzen und halbiert auf Felsen gelegt, wobei man von Klippfisch spricht. Der so konservierte Skrei wurde schon im Mittelalter bis nach Südeuropa verschifft, was ihn zu Norwegens ältestem Exportprodukt macht. Die Zubereitungsart wird bis heute gepflegt, und Stockfisch von den Lofoten (Tørrfisk fra Lofoten) ist seit 2014 ein Lebensmittel mit geschützter geografischer Angabe wie beispielsweise steirisches ­Kürbiskernöl und Tiroler Speck.

In Svolvær, der Hauptstadt der Lofoten, starten vielerlei Bootsausflüge, darunter Angeltouren und Fahrten auf den Trollfjord, wo viele Seeadler vorkommen.
© Lisa Arnold
In Svolvær, der Hauptstadt der Lofoten, starten vielerlei Bootsausflüge, darunter Angeltouren und Fahrten auf den Trollfjord, wo viele Seeadler vorkommen.

Entlang der Inselkette gibt es mehrere Restaurants, die Stockfisch und andere regional geprägte Gerichte servieren. Dass der Guide Michelin in Norwegen (noch) nicht nördlicher als Trondheim testet, bedeutet nicht, dass es in der oberen Hälfte des Landes keine Adressen für anspruchsvolle Gaumen gäbe. Das exklusivste Esserlebnis bietet Roy Magne Berglund: Sein »Lofoten Food Studio«, eingerichtet in der eigenen Garage, besteht aus einer offenen Küche, die von einem Chef’s Counter mit fünfzehn Plätzen umgeben wird. Dort lassen sich Feinschmecker aus aller Welt nieder, um die Show des kulinarischen Alleinunterhalters zu erleben. Er macht wirklich alles ohne Hilfe: jedes Gericht kochen, jedes Glas Wein einschenken, jeden Cocktail schütteln und jeden Teller waschen. Trotzdem gelingt ihm ein reibungsloser Ablauf.

Ebenso persönlich führen die Brüder Thomas und Jørgen Asheim den »Fiskekrogen«: Das vor 35 Jahren eröffnete Restaurant ihrer Eltern ist gleichzeitig die älteste bestehende Gaststätte in Henningsvær. Dieses pittoreske Fischerdorf im Süden der Lofoten hat im Verhältnis zu seiner schmächtigen Einwohnerzahl (etwa 500) einiges an Kulinarik und auch Kultur zu bieten. Neben dem Fischlokal gibt es beispielsweise das jugendlich anmutende »Klettercafé« (»Klatrekaféen«), in dem nicht nur aktive Urlauber bei Burger, Fischsuppe oder Cappuccino zusammenkommen. Außerdem zählt der Ort zwei Galerien: die museale »Galleri Lofoten« mit der landesweit größten Sammlung an Bildern von nordnorwegischen Malern um die Jahrhundertwende und die zeitgenössische »Kaviar Factory«, die schon Werke von Ai Weiwei, Marina Abramovic und Yoko Ono gezeigt hat.

Wer der Landschaftsroute bis ans westliche Ende folgt, kann sich in Sørvågen noch einmal richtig verwöhnen lassen. Dort liegt – passenderweise am Hafen – das nach einem Segelboot benannte Restaurant »Maren Anna«, das neben Stockfisch auch Kabeljauzunge und den Fang des Tages anbietet. Und das Boutiquehotel »Holmen Lofoten« veranstaltet unter dem Motto »Küche am Rande der Welt« mehrmals im Jahr lange kulinarische Wochenenden mit Gastköchen und Handwerkern, die untertags Workshops im Schnitzen, im Lederhandwerk oder in der Herstellung von Marmorpapier geben. Fisch ist längst nicht mehr die einzige Einnahmequelle der Lofoten-Bewohner – aber nichts wäre dort heute so idyllisch, kreativ und ­lecker, wenn sich der Skrei einen anderen Ort zum Laichen ausgesucht hätte.

Hotels

Nordis Apartments
Das elegante Aparthotel in der Hauptstadt der Lofoten bietet seinen Gästen einen einmaligen Blick auf den Hafen und das Meer.

Torget 21, 8300 Svolvær
T: +47 41 298000, nordisapartments.no

Trevarefabrikken
Ein ehemaliges Industriegebäude aus den 1940er-Jahren, das als Zimmerei (daher der Name »Holzwarenfabrik«) und später als Lebertranfabrik diente, beherbergt seit wenigen Jahren durchdesignte Hotelzimmer und eine beliebte Pizzeria.

Dreyers gate 72, 8312 Henningsvær
T: +47 96 008000,
trevarefabrikken.no

Unstad Arctic Surf
Surfhotel über dem Polarkreis? Tatsächlich: Dieses kleine, hippe Resort liegt am Strand von Unstad, der in der internationalen
Surf-Communinity bekannt ist.

Unstadveien 105, 8363 Bøstad
T: +47 970 61201,
unstadarcticsurf.com

Holmen Lofoten
Dieses 2018 eröffnete Boutiquehotel auf einer kleinen Insel bei Å ist das Projekt von Ingunn Rasmussen, der Tochter eines Lofotenfischers. Mit Hingabe hat sie die Fischerhütten renoviert und um Anbauten mit spekakulären Suiten ergänzt.

Flathaugen 36, 8392 Sørvågen
T: +47 93 442301, holmenlofoten.no

Restaurants

ørsen Spiseri
In einer ehemaligen Werft von 1828 liegt heute das renommierte Restaurant, das sich eine kurze Speisekarte leisten kann: Es gibt vier Klassiker mit Fisch und Fleisch sowie regionaltypisch -angehauchte Desserts.

Gunnar Bergs vei 2, 8300 Svolvær
T: +47 76 069931, svinoya.no

Fiskekrogen
Das 1989 gegründete Fischrestaurant wird heute in zweiter Generation von den Söhnen des Gründerpaares mit Hingabe und Gastfreundschaft geführt.

Dreyersgate 29, 8312 Henningsvær
T: +47 760 74652, fiskekrogen.no

Lofoten Food Studio
Küchenchef Roy Magne Berglund empfängt Foodies am Tisch rund um seine offene Küche und bereitet vor ihren Augen das Verkostungsmenü aus regionalen Zutaten zu.

Jacob Jentofts vei 29, 8373 Ballstad
T: +47 91 108430, lofotenfoodstudio.no

Maren Anna
Wer bis ans Ende der Lofoten-Panoramastraße fährt, findet am Ziel dieses erstklassige Fisch-restaurant vor, das Stockfisch und andere -maritime Spezialitäten auf der Karte hat.

Gamle Sørvågen 12, 8392 Sørvågen
T: +47 76 092050, marenanna.com

Anreise

Der kleine Flughafen von Svolvær (SVJ) wird von der Fluggesellschaft Widerøe in bestimmten Monaten von Oslo aus angeflogen. Größer ist der internationale Flughafen Harstad/Narvik in Evenes. Dorthin fliegen Edelweiss Air im Sommer direkt ab Zürich und Discover Airlines ab Frankfurt. Außerdem kommt man ganzjährig über Oslo hin. Zum Befahren der Lofoten-Panoramastraße braucht man vor Ort ein Mietauto.


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Erschienen in
Falstaff Nr. 05/2024

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Lisa Arnold
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