Zwei-Sterne-Koch Christian Kuchler.

Zwei-Sterne-Koch Christian Kuchler.
© Urike Sommer

Tänzelnd statt erschlagend: Die neuen Saucen des Christian Kuchler

Küchenchef
Koch
Restaurant
Thurgau

Der Thurgauer Zwei-Sterne-Koch und «Taverne zum Schäfli»-Chef ist im Hoch. Und sein Pâtissier ebenso. Schuld daran sind eine neue Herangehensweise und die Liebe.

Ist es die nahezu faustgrosse, handgetauchte Jakobsmuschel an Corail-Sauce, getoppt mit einer tüchtigen Nocke Oscietra-Kaviar? Die perfekt gegarte Atlantik-Rotbarbe, wie die Tiefkühlfischprodukte in deutschen Supermärkten ebenso schelmisch wie unpassend «Schlemmerfilet» genannt? Etwa die unschlagbare Tarte Tatin nach dem Rezept seines Vaters Wolfgang (im Falstaff Restaurant- und Beizenguide 2024 für sein Lebenswerk ausgezeichnet)? Oder gar der Amuse-Schluck Tom Khai Gai?

Kuchler, der Saucen-König

Die Suche nach dem Lieblingsgericht aus dem letzten Besuch in der «Taverne zum Schäfli» gestaltet sich schwierig. Klassiker wie die handgeschabten Spätzle mit reichlich weissem Trüffel oder eben die Tarte Tatin mit Vanilleglacé sind so lecker wie eh und je und auf höchstem Wohlfühl-Level. Vielleicht noch ein wenig besser als bei vorherigen Dinners bei Zwei-Sterne-Koch Christian Kuchler sind diesmal die Fisch- und Seafoodgerichte. Gewiss setzte der Thurgauer schon früher auf die besten Produkte und traf die Garpunkte haargenau. Jedoch wirken die Saucen immer eleganter, womit sie das Hauptprodukt noch stärker in Szene setzen.

«Ich musste 38 Jahre alt werden, um zu realisieren, dass ich die Saucen nicht mehr nur pur, sondern am ganzen Gericht probieren sollte», erklärt Kuchler. «Davor waren die Saucen zwar tiefer und heftiger im Geschmack, doch das Aroma der Hauptkomponente ging unter und der Gast war nach drei Gängen erschlagen.» Anstatt noch einen draufzusetzen, wirkt der Jus nun bei jedem Gericht unterstützend. Betörend, tänzelnd. Und so strahlt die Jakobsmuschel gleich noch mehr. Der nussige Geschmack, der schöne Biss, die fleischige Faserung.

Frisch verliebt

Im selben Zug erklimmt auch Pâtissier Daniel Simunic neue Höhen. Sein Mandarine-Curry-Dessert entpuppt sich als brillante Aromenkomposition, reich an Säure, Spiel und Originalität. Kuchler lacht: «Ich arbeite seit 14 Jahren mit ihm. Zum ersten Mal seit ich ihn kenne, hat er nun eine Freundin. Ich glaube, das beschwingt ihn. Beim Dessert lasse ich ihm komplett freie Hand und staune manchmal selbst, was für schräge Kombinationen bei ihm funktionieren. Er ist in Höchstform.»

Gastgeber und Sommelier Fabian Mennel zückt aus der spektakulär bestückten Weinkarte spannende, passende Weine. Die coole, moderne Preispolitik: Je teurer der Wein, umso attraktiver der Preis für den Gast. Geschichten über Wein und Winzer kennt er genauso gut wie die in der Küche verwendeten Produkte. Ja, würde dieses Menü in einem Drei-Sterne-Restaurant serviert – man hätte nichts auszusetzen.

Eine letzte Frage wäre da aber  noch: Weshalb nennt Kuchler seine schöne Rotbarbe «Schlemmerfilet»? «Eine Kindheitserinnerung. Früher gab es den Tiefkühlfisch sehr oft bei uns zu Hause. Und Maultaschen und lausiges Pot-au-Feu.» Wer hätte es gedacht – bei diesem legendären Koch, der sein Vater doch ist.

Bretonischer Steinbutt mit Champagnerkraut und Beurre Blanc.
Foto beigestellt
Bretonischer Steinbutt mit Champagnerkraut und Beurre Blanc.

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Benny Epstein
Autor
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