© Mike Wolf

Falstaff-Talk mit Anne-Sophie Pic «In der Schweiz sind die Produkte erstklassig»

Interview
Neueröffnung 2024
Restaurant

Das Restaurant von Anne-Sophie Pic im Lausanner «Beau-Rivage Palace» wurde umfassend renoviert und mit verfeinertem Konzept neu eröffnet. Das Menu fokussiert auf Terroirprodukte aus der Schweiz: Fisch aus dem Genfersee, Gemüse sowie Früchte aus der Region und nicht zuletzt Schweizer Wein spielen dabei Hauptrollen. Falstaff hat Anne-Sophie Pic zum Talk in Lausanne getroffen.

Falstaff: Es ist bereits 15 Jahre her, seit Ihr Restaurant in Lausanne eröffnet wurde – nun wurde es komplett überholt. Was gefällt Ihnen am neuen Konzept am besten?

Anne-Sophie Pic: Es ist toll in Lausanne ein Setting zu haben, in dem wir unsere Küche so präsentieren können, wie sie aktuell ist. Die DNA meiner Küche hat sich die letzten 15 Jahre nicht stark verändert – ihre Komplexität allerdings ist stark gestiegen.

Sie sprechen hier unter anderem die Pairings an, im neuen Konzept bieten Sie nicht nur Wein an, sondern auch komplexe, selbst hergestellte Getränke und Cocktails. Für deren Herstellung gibt es einen eigenen Barbereich im neuen Restaurant in Lausanne.

Ich arbeite schon seit Längerem mit Tee und Kaffee, weil mich diese Getränke ganz besonders interessieren. Vor sechs Jahren, als unsere Executive Sommelière Paz Levinson zur Group Pic stiess, starteten wir damit, Weinalternativen zu entwickeln und anzubieten. Gerade in Frankreich war das damals total neu. Ein gutes Pairing ist für mich eine Erweiterung des Gerichts, des geschmacklichen Erlebnisses. Umso komplexer meine Küche wurde, desto schwieriger wurde es für uns, uns einzig auf Wein beim Pairing zu verlassen. Gerade im alkoholfreien Bereich, der immer stärker nachgefragt wird, eröffnen sich ganz neue Welten für ein Pairing. Die meisten Leute wählen zwar auch heute noch Wein aber alle anderen sollten nicht einfach Wasser trinken müssen.

Im Weinpairing in Ihrer Lausanner Dependance finden sich diverse exzellente Schweizer Weine und auch das Menu ist von Schweizer Erzeugnissen geprägt. Das ist neu!

Jein. Ich habe schon vor 15 Jahren begonnen, mit lokalen Erzeugern zu arbeiten. In der Schweiz sind die Produkte erstklassig – es macht keinen Sinn, Dinge von wo anders herzubringen. Das einzige Problem waren vor 15 Jahren die Kalbsmilken, die schwer in der gewünschten Qualität zu bekommen waren. Ich merkte dann, dass das an der Kultur lag – die Schweizer Gäste mögen sie nicht so sehr wie die in Frankreich.

Sie beschäftigen sich also seit 15 Jahren mit der Schweiz und ihren Produkten. Gibt es etwas, das Sie hier entdeckt haben und vielleicht sogar nach Frankreich brachten?

Vor 15 Jahren habe ich hier Fichtenspitzen erstmals kennengelernt. Zunächst habe ich einen Sirup aus geräuchten Fichtentrieben verkostet, dann wollte ich auch das frische Produkt sehen. Ich denke, ich habe meinen Teil dazu beigetragen, dass Fichtenspitzen heute auch in Frankreichs Spitzenküche Verwendung finden – dank der Schweiz!

Wie machen Sie das? Diese tiefe Auseinandersetzung mit einer Region und ihren Produkten braucht enorm viel Zeit.

Ich sehe es als Kern meines Berufs an, die Umgebung, in der sich ein Lokal befindet, zu studieren und einzubinden. Als wir letztes Jahr das Lokal in Hong Kong eröffneten, war das eine besondere Herausforderung. Wir merkten schnell, dass unsere Gäste französisch essen wollen, sie wollen «Poulet de Bresse», kein Chicken aus Hong Kong. Man muss immer eine Balance finden, das ist die Schwierigkeit. Ohne Inspiration aber gibt es keine Kreation. Man muss also immer inspiriert und neugierig sein. Ich halte auch den Küchenchef in Lausanne, Jordan Theurillat, immer wieder dazu an, Neues zu suchen.

Das ist also auch Teil seines Jobs.

Ja. Zur Kreation des neuen Lausanner Menus war er vier Wochen mit mir in Valence. Wir waren uns einig, dass wir keinen Hummer oder Wolfsbarsch am Genfersee servieren wollen – sondern Regionales. Wir haben uns also entschieden, im Bereich Fisch mit dem zu arbeiten, was der Genfersee hergibt – samt den damit verbundenen Restriktionen. Wenn wir aber keinen Fisch aus dem See erhalten, werden wir uns erlauben, auch Produkte aus Rhein und Rhône bis maximal zum Mittelmeer anzubieten. Das ist aus meiner Sicht vernünftig.

Also wenn etwas nicht mehr verfügbar ist, ändert sich auch das Menu in Lausanne?

Ja klar! Jetzt beginnt die Pilzsaison, wir wollen unbedingt mit Pilzen arbeiten, aber es ist klar, dass wir uns der Verfügbarkeit anpassen müssen. Man kann nicht einfach den ganzen Herbst Steinpilze anbieten. Ein Restaurant ist ein Ort an dem man Kultur vermitteln kann. Die Natur ist grosszügig und vielfältig – das sollen die Gäste auch spüren.


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Benjamin Herzog
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