Ein Supermarkt bietet bis zu 10.000 Produkte – besonders nachhaltig ist das laut der »Umweltberatung« nicht.

Ein Supermarkt bietet bis zu 10.000 Produkte – besonders nachhaltig ist das laut der »Umweltberatung« nicht.
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Der grüne Supermarkt – nur eine schöne Geschichte?

Nachhaltigkeit
Supermarkt
Interview

Billa ruft in Baden den »grünsten Supermarkt Österreichs« aus. Aber wie grün kann ein Supermarkt sein? Und wie ist der Status Quo in Österreich? Ein Überblick.

Nachhaltige Bauweise, 170 m² Photovoltaik-Anlage, über 100 m2 Dach- und Fassadenbegrünung sowie eine Holzverkleidung – das alles vereint die »REWE Group« in ihrer grünsten Neueröffnung. Die jährlich erzeugten 32.700 kWh können etwa drei Haushalte mit Strom versorgen. Die steirische Grüne-Klubobfrau Sandra Krautwaschl lobte bei einem Besuch einer Filiale in Obdach bereits im September das grundsätzlich Konzept der Supermarktkette: »Im Lebensmittelhandel gibt es riesiges Energie-Einsparpotenzial, das sehr oft ungenützt bleibt. Der REWE-Konzern geht hier mit gutem Beispiel voran. Wenn Kühlregale mit Türen versehen werden, spart das 60 Prozent Energie!« Klingt erstmal alles nicht schlecht. Aber wie nachhaltig sind solche Neubauten wirklich? Michaela Knieli von der »Umweltberatung« sieht die Verwendung des Begriffs »grün« im Zusammenhang mit Supermärkten kritisch.

»Supermaktketten heizen die Bodenversiegung an«, kritisiert Michaela Knieli von der »Umweltberatung« die vielen Neubauten von Supermärkten.
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»Supermaktketten heizen die Bodenversiegung an«, kritisiert Michaela Knieli von der »Umweltberatung« die vielen Neubauten von Supermärkten.

Falstaff: Billa bezeichnet seine Filiale in Baden als den »grünsten Supermarkt Österreichs«. Wie stehen Sie zu solchen Aussagen?

Knieli: Natürlich kann ein Supermarkt positive Maßnahmen setzen und als Green Building höchste Baustandards haben. Eine Sanierung im Zentrum mit öffentlicher Anbindung ist sicher eine nachhaltige Lösung. Alle Energiesparmaßnahmen wie zum Beispiel geschlossene Kühlregale, niedrigere Raumtemperaturen und ökologische Baustoffe und begrünte Parkplätze sind zu begrüßen, sollten jedoch mittlerweile Standard sein. Wesentlich ist aber auch ein ökologisches Sortiment, mit dem Supermärkte einen großen Beitrag zur Nachhaltigkeit liefern können.

Falstaff: Haben Sie einige Beispiele?

Knieli: Zum Beispiel ein großes Angebot an Getränken in Mehrweggebinden und verpackungsarmen sowie biologischen, saisonalen und regionalen Produkten. Milch- und Fleischprodukte sollten gute Tierwohlstandards erfüllen und Alternativen zu Milch- und Fleischprodukten sind ein Muss im Sortiment. Maßnahmen zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen sollten das ökologische Angebot ergänzen.

Wie Sie im Supermarkt selbst nachhaltiger Einkaufen, hören Sie in unserer Podcast-Folge mit Schauspielerin Lilian Klebow.

Falstaff: In Baden wurde eine bestehende Filiale saniert. Es gibt aber auch immer wieder Neubauten. Wie stehen Sie dazu?

Knieli: Ich habe Bedenken bei Neubauten von Supermärkten, auch wenn sie nach ökologischen Kriterien gebaut werden, als »grün« zu bezeichnen. Österreich zählt zu den Ländern mit der höchsten Filialdichte an Supermärkten in Europa. Einkaufszentren – und damit auch Supermarktketten – heizen die Bodenversiegelung an. Geschäftsgebiete wachsen in Österreich schneller als die Bevölkerung. Wohn- und Geschäftsgebiete, aber auch Betriebsgebiete, Straßen und Parkplätze sind laut Stadtmarketing Austria die größten Treiber der Bodenversiegelung.

Falstaff: Abgesehen von Neubauprojekten: Gibt es ein Kernproblem, das sie am Status Quo von österreichischen Supermärkten ausmachen?

Knieli: Ein Supermarkt bietet bis zu 10.000 Produkte – Produkte, die viel Verpackung, Transportleistung, und Platz brauchen und die zu Abfall werden, wenn sie vor dem Verfallsdatum nicht gekauft werden. Die Vielfalt im Supermarkt ist meist nur eine Markenvielfalt – keine Produktvielfalt, d.h. es gibt zehn verschiedene Erdbeerjoghurts von verschiedenen Anbietern, aber es ist immer nur Erdbeerjogurt, die Sortenvielfalt fehlt. Gerade im Obst- und Gemüseregal wäre eine Vielfalt regionaler Sorten gefragt.

Felix Moßmeier
Felix Moßmeier
Digitalredakteur
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