Tasting vom 04.06.2013
2012 - ein ordentliches Jahr. Nach den großen Jahren 2009 und 2010 und einer gewaltigen Preisexplosion folgte mit 2011 ein korrekter, aber nicht wirklich aufregender Jahrgang zu immer noch erstaunlich hohen Preisen, die nicht ohne Folgen für den Markt blieben. Das En-primeur-Geschäft lief, leicht untertrieben formuliert, etwas schleppend. Mit 2012 verkosteten Handel und Presse im April einen insgesamt recht guten Jahrgang, der seine Spitzen in den von Merlot geprägten Pomerols hatte, aber auch Pessac, Margaux und Saint-Estèphe präsentierten sich gut. Blieb die Frage nach der Preisentwicklung, die zu Redaktionsschluss noch nicht vollständig, sondern nur in groben Zügen erkennbar war. Denn es ging bereits in einer frühen Phase Schlag auf Schlag – und das in beide Richtungen. Offenbar gingen die Erwartungen bezüglich der Marktakzeptanz doch weit auseinander. Die beiden neuen Grands Crus Classés aus Saint-Emilion, Pavie und Angélus, haben ihre Preise im mittleren zweistelligen Bereich angehoben, während andere wie Château Canon oder auch Château Margaux sie herabgesetzt haben. Daraus ergibt sich eine spektakuläre Spreizung der Preisschere von derzeit 103 Prozent. Wenn es in diesem Tempo weitergeht, dürfte die Kampagne tatsächlich bereits mehr oder minder gelaufen sein. Bleibt die alte Frage: Lohnt sich ein En-primeur-Kauf, oder soll man die Arrivage abwarten? Die Preise für die durchweg sehr gut ausgefallenen Premiers Crus vom Linken Ufer sind einladend, bei den von Merlot bestimmten Weinen vom Rechten Ufer sind diesmal auch kleinere Namen durchaus attraktiv. Zwingend erscheint die Subskription diesmal dennoch nicht, es sei denn, man möchte Weine ganz spezieller Châteaus aus dem Geburtsjahrgang seines Kindes erwerben oder sich mit Großflaschenformaten eindecken. Notizen von Mario Scheuermann