Leben wir in Deutschland in einer Sandwich-Wüste? Unsere Autorin meint ja, denn ein echtes Sandwich ist weit mehr als nur Brot mit Belag. Durch Zufall entdeckt sie in Berlin das Ham&Pepper Jam Sandwich – und damit einen Lichtblick in der Wüste.
Die besten Dinge begegnen einem manchmal ganz zufällig. So ging es mir jedenfalls an einem Julimorgen, an dem ich im Freibad meine Bahnen geschwommen hatte und eigentlich nur noch kurz zum Bäcker wollte, um ein Baguette zu kaufen. Auf der Dieffenbachstraße zog allerdings ein Laden meine Aufmerksamkeit auf sich, an dem ich schon hunderte Male vorbeigelaufen sein musste, ohne es zu merken. Auf der Tafel neben dem Eingang waren magische Worte geschrieben: Southern Style Sandwiches.
Nun muss man wissen, dass ich in Berlin und wir in Deutschland im Allgemeinen in einer Sandwich-Wüste leben. Zumindest, wenn man den Begriff eng fasst und einen Döner nicht als Sandwich im klassischen Sinne versteht (ich halte mich bei der Diskussion darum, was ein Sandwich konstituiert, nicht an die Regel »Belag im Brot«, sondern an eine bedürfnisorientierte Definition: ein Sandwich entspricht einem bestimmten Bedürfnis, nämlich dem, ein Sandwich zu essen, was sich vom Döner- oder auch Hot-Dog-Bedürfnis grundlegend unterscheidet).
Es schmerzt mich sehr regelmäßig, dass ein Land, zu dessen größten Errungenschaften eine Brotvielfalt sondergleichen gehört, sich so schwer damit tut, dieses Brot anständig zu belegen. Klar, ein Salamibrot schmeckt wunderbar, ihm geht aber gänzlich die für ein ordentliches Sandwich entscheidende Dekadenz ab. Ein Sandwich im eigentlichen Sinne muss mindestens drei Komponenten beinhalten, eine sehr entscheidende dabei ist die Sauce, sowie ein gekonnter Einsatz von Zutaten wie Senf, Mayonnaise, Cornichons etc. Wichtig ist dabei auch das Preisleistungsverhältnis. Der Preis muss sich nämlich proportional zum Sättigungsfaktor verhalten, d.h. kostet ein Sandwich ungefähr so viel wie ein Mittagessen, muss es auch genauso sättigen. Zusammenfassend können wir sagen: Das Ganze muss mehr sein, als die Summe seiner Teile.
Es war also in dieser Wüste, dass ich auf das Sandwich traf, von dem ich schon so lange geträumt hatte und das ich bald zu meinem liebsten küren sollte: das »Ham&Pepper Jam Sandwich« von »Humble Coffee«. Die Zutaten sind auf den ersten Blick simpel: neben dem titelgebenden Räucherschinken kommt zwischen die Scheiben des Weißbrots außerdem Emmentaler, eine Kräutermayonnaise und die Pepper Jam, eine Marmelade aus roter Paprika. Nicht innerhalb des Sandwiches zu finden, aber für den Genuss ebenfalls entscheidend ist eine große eingelegte Gurke, die daneben serviert wird. Es ist nicht einfach, ich würde behaupten, fast unmöglich, eine perfekte Geschmackskomposition zu beschreiben. Schließlich spielen dabei immer auch andere Faktoren eine Rolle, wie z.B. dass man nach dem Schwimmen ganz schön Hunger hat und außerdem seit Ewigkeiten nicht in den Genuss eines anständigen Sandwiches gekommen ist.
Ich versuche es trotzdem: Ein Bissen vom Ham&Pepper Jam Sandwich beginnt mit dem knusprig gerösteten Weißbrot, das die Grundlage für die Füllung bietet. Der Schinken und der Emmentaler bieten eine zarte, aber merkliche Würze, die im Angesicht der sehr süßen Marmelade (die auch eine entschieden florale Note hat) und der cremigen Mayonnaise für Balance sorgt. Zwischen jedem Bissen Sandwich nimmt man einen von der eingelegten Gurke, die mit ihrer Essigsäure und Knackigkeit das Erlebnis endgültig abrundet.
Das ist es, das beste Sandwich, das ich bis jetzt in Berlin gegessen habe. Eine perfekte Komposition aus Knusprigkeit, Würze, Süße, Säure, Cremig- und Knackigkeit. Das eigene Lieblingssandwich finden bedeutet allerdings, sich auf eine Reise begeben, die jeder selbst bestreiten muss. Ich schlage vor, bei Humble Coffee auf der Dieffenbachstraße anzufangen.
Humble Coffee
Dieffenbachstraße 13
10967 Berlin
@humblecoffeeberlin
Melden Sie sich jetzt für unseren Newsletter an.
