Chagall, Miró, Braque oder Bonnard – die Kunstsammlung der «Kronenhalle» ist legendär.

Chagall, Miró, Braque oder Bonnard – die Kunstsammlung der «Kronenhalle» ist legendär.
© Kronenhalle

Genuss und Kultur: Futter für Bauch und Kopf

Food Zurich 2024
Zürich
Restaurant
Kultur
Kunst

Kulturangebot und Gastronomieszene in Zürich sind riesig. In zahlreichen Fällen verbinden sich beide zu einer einzigartigen, alle Sinne ansprechenden Kombination. Das sind Zürichs Hotspots für Genuss und Kultur.

Zwischen einem banalen Museumskiosk und dem gediegenen Mehrgänger vor einem klassischen Konzert liegen nur vermeintlich Welten. Beide vereinen zwei kulturell geprägte Bereiche, die immer etwas zusammen zu tun haben, und sei es nur der gemeinsame Standort. Gibt es das in Zürich? Und ob. Alles unter einem Dach vereint etwa die «Kronenhalle». Überaus prominent ihre Lage am Bellevue und die Besucherliste. Es könnte durchaus sein, dass James Joyce, Udo Jürgens, Max Frisch oder Coco Chanel alle das nach dem gleichen Rezept gekochte Zürcher Kalbsfilet-­Geschnetzelte mit Rösti und das Mousse au Chocolat mit Crème de la Gruyère in der «Kronenhalle» genossen haben, denn Tradition ist hier Programm.

Als vor genau 100 Jahren Hulda und Gottlieb Zumsteg das bestehende «Hotel de la Couronne» übernahmen und als «Restaurant Kronenhalle» neu eröffneten, avancierte dieses Dank ihres grossen und unermüdlichem Einsatzes zu einem Treffpunkt von Künstlern, Intellektuellen und den Zürcher Zünften. Nach dem Tod des Eigentümers Gottlieb Zumsteg übernahm der kunstaffine Sohn Gustav die Geschäftsleitung. Stilsicher und grosszügig wie er war, schenkte er seit den 1940er-Jahren der «Kronenhalle» ausgewählte Werke aus seiner eigenen Sammlung. Darunter finden sich solche von Chagall, Miró, Braque oder Bonnard, um nur einige zu nennen. Solange die «Kronenhalle» als Restaurant und Bar existiert, dürfen die Bilder von ihren Plätzen nicht entfernt werden. So hat es der Kunst­liebhaber Gustav Zumsteg im Testament hinterlegt.

Und wenn schon edel, dann nichts wie los zur nächsten Location. Hoch über der Stadt, auch per hoteleigenen Shuttleservice vom Stadtzentrum aus erreichbar, thront das Belle-Epoque-Märchenschlösschen «The Dolder Grand». Es wurde vor 125 Jahren im Stile des Historismus erbaut und überaus aufwendig und feudal restauriert. Bekannt ist es für seinen hohen Standard sowohl kulinarisch als auch in der Hotellerie. Weniger populär ist seine beachtliche Kunstsammlung, die über 100 Werke aus diversen Epochen umfasst. Neben den bekannten Schweizern Ferdi­nand Hodler, Urs Fischer und Max Bill finden sich Kunstwerke von Künstlern aus aller Welt: Salvador Dalí, Niki de Saint Phalle und Jean Tinguely, Fernando Botero, Joan Miró, Max Ernst, Anselm Kiefer und Keith Haring. Ein Besuch dieser sich ständig wandelnden Kunstausstellung in feudalem Ambiente ist durchaus lohnenswert.

Kulturelle Symbiose

Im Restaurant «Ameo» hingegen wird eine Synthese von gestaltender Kunst und Gastronomie gewagt. In quartalsweise wechselnden Ausstellungen wird das Lokal selbst zur Galerie, die dem Kunstschaffenden eine Plattform für seine Werke bietet und im Dialog mit den Betreibern dieses Konzeptrestaurants Speisen und Getränke quasi als Transport für die Ideologie des Kunstschaffenden anpasst. So werden Lieblingsspeisen des aktuellen Ausstellers und Konzeptkünstlers Eric Hattan ganz im Sinne seiner Exponate neu interpretiert, humorvoll und kreativ umgesetzt.

Wer nach dieser eher betriebsamen Location Lust auf etwas beschauliche Ruhe bekommen hat, der ist gut beraten, in einer der zahlreichen Kulturinstitutionen oder einfach in einem Museum mit Café, Bistro oder Bar seinen physiologischen Bedürfnissen nachzukommen. Nur wenige Schritte vom Hauptbahnhof entfernt steht ein denkmalgeschütztes herausragendes Gebäude der Schweizer Architekturmoderne, das Museum für Gestaltung. Schätze seiner international bedeutenden Sammlungen und Ausstellungen zu wechselnden Themen machen Lust auf die reichhaltigen Angebote im hauseigenen Café. Es überzeugt durch seine hausgemachte Kuchenauswahl und über Mittag mit wechselnden Angeboten kalter und warmer Gerichte. Wunderschön auch die Terrassenplätze im Freien direkt am Teich­ufer oder im angrenzenden Museumspark.

Überraschend kulinarisch geht’s im grössten Museum Zürichs zu und her. Wer im Restaurant «Spitz» beim Schweizerischen Landesmuseum Kappeler Milchsuppe und mit Pfeilen durchschossene Äpfel erwartet, hat zwar in Geschichte gut aufgepasst, wird aber überrascht sein. Nichts vom leicht verstaubten Museumsambiente dringt in die gehobene junge und frische Küche. Überraschend bekamen bei seiner Eröffnung im Jahr 2016 nicht etwa die «Grossisten» der Zürcher Gastroszene den Zuschlag, sondern vier junge Leute aus dem Partymilieu. Sie etablierten das «Spitz» mit ihrer experimentierfreudigen Slow-Food-Küche schon in kurzer Zeit zu einem festen Bestandteil der gehobenen Zürcher Gastronomie. Während beim Lunch relativ Unspektakuläres geboten wird – drei Menüs , eines davon vegetarisch – werden am Abend aufwendige Kreationen serviert. Auch die Freiluftplätze des «Spitz» in gemütlicher Atmosphäre sind meist gut besucht. Die zum Lokal gehörende Bar bietet ein vielfältiges Spirituosenangebot, allein das Whiskysortiment umfasst 250 Flaschen.

Architekturperlen

Im Haus Konstruktiv spielt für einmal das Haus selbst die Hauptrolle. Es ist eines der eindrücklichsten Beispiele des «Neuen Bauens» und gilt als einmaliges Zeugnis der Industriearchitektur in Zürich. Mit seiner kargen Formensprache ist es prädestiniert für Exponate der konstruktiv konkreten und konzeptionellen Kunst. 2007 erhielt das Museum ein modernes Café, das 2021 neu gestaltet wurde. Zusammen mit der im Jahr 2014 eigens für diesen Standort realisierten Wandmalerei und der Gemäldeserie «Eye to Eye» der Lausanner Künstlerin Claudia Comte ist ein Ort des Verweilens entstanden, der zu einer kleinen, aber feinen Auswahl an kalten und warmen Snacks, verschiedenen Kuchen sowie einem erlesenen Angebot an Getränken einlädt. Wochenzeitungen und Kunstzeitschriften inklusive. Geheimtipp: Auch ohne Museumseintritt ist ein Besuch möglich. Der Kaffee ist grossartig.

Das Kunsthaus Zürich hat seine neuen Räumlichkeiten erst letztes Jahr bezogen und zusammen mit dem spektakulären Erweiterungsbau der David Chipperfield Architects auch eine neue Bar bekommen. Sie ist als Begegnungsort von Kunst und Publikum gedacht. Einladend und anregend wirkt der von einem Wandgemälde von Max Ernst dominierte Raum. Die Aussenplätze schaffen über den belebten Heimplatz hinaus eine Verbindung zum bestehenden Bau des Kunsthauses und zum Schauspielhaus. Die Barkarte überzeugt mit vorwiegend lokalen Produkten und schafft den Bogen vom Morgenespresso zum leichten Lunch und frühen Apero.

Grosse und kleine Bühnen

Wer es rundum entspannt haben möchte, lässt sich per Strassenbahn beim Museum Rietberg absetzen. Das einzige Kunstmuseum für aussereuropäische Kulturen in der Schweiz besitzt eine international renommierte Sammlung. Eindrücklich gestaltete Sonderausstellungen mit vielfältigen Rahmenveranstaltungen sind hier in der herrschaftlichen Villa Wesendonck aus dem 19. Jahrhundert mit wunderschönem Park­umschwung bestens platziert. Im ehemaligen Treibhaus bietet das Café eine grosse Auswahl an hausgemachten Gerichten, international geprägten Häppchen und ausgewählten Getränken an. Gerne stellt das Café-Team individuelle Picknickkörbe zusammen, die samt Decke in den Park mitgenommen werden können.

Das «Am Rank» im Zürcher Niederdorf ist Begegnungsstätte für Musik und Kulinarik. Jeweils von Donnerstag bis Samstagabend spielt nach dem Essen eine Formation konzertant auf und lässt die satten Zuhörer in ganz unterschiedliche Musikstile eintauchen. Auch ohne musikalische Begleitung bietet das Lokal fünf Tage die Woche eine zeitgenössische Feel-Food-Küche, die ehrlich, frisch und fein daherkommt.

Und wenn das Theater im selben Haus zu Tisch bittet, ist Widerstand zwecklos. Denn sowohl die Inszenierungen auf den Bühnen des Schiffbaus als auch das «LaSalle» in der ehemaligen Kesselschmiede bieten grossartige Angebote. Hier weht mit den beiden Neuzugängen, Köchin Inbar Zuckerberg und Restaurantleiter Stefan Iseli seit geraumer Zeit frischer Wind. Und das Schauspielhaus Zürich, das seit 2000 hier drei Theaterbühnen bespielt, auf denen wirklich die Post abgeht, beweist, dass man im Schiffbau immer noch dasselbe produziert wie zu alten Zeiten: Möglichkeiten zu verreisen – wenn nicht per Schiff, doch wenigstens im Kopf.


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Erschienen in
Food Zurich Special 2024

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Monica Herzog-Arquint
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