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Die erste »Food Hall« Wiens: Ein Rundgang durch den »Gleis//Garten«

Mit dem »Gleis//Garten« hat die erste echte Food Hall Wiens eröffnet. In der ehemaligen Remise der Badner Bahn will man ein kulinarisches »Labor« etablieren. Ein erster Rundgang.

Zugegeben, es gibt schmuckere Ort in Wien. Und auch solche, an denen man neue kulinarische Konzepte eher erwarten würde. Vielleicht ist es aber gerade der überraschende Standort im zwölften Bezirk, der das Projekt »Gleis//Garten« so spannend macht. Die Betreiber haben in den vergangenen Monaten hier in der Eichenstraße nahe dem Gürtel die erste »Food Hall« der Stadt in die Höhe gezogen.

Aus anderen (Groß-)Städten ist das Konzept der »Food Hall« freilich sattsam bekannt, in Österreich hat aber alles wieder etwas länger gedauert. Worum es geht? Unter einem Dach finden Gourmets eine (möglichst breite) Palette an Gastronomiebetrieben, die hier eine kleine Auswahl an Gerichten (und in möglichst kleinen Portionen, man will ja überall kosten) zaubern. Jeder wählt, was und wo er will, gegessen wird dann gemeinsam an den großen Tischen im Zentrum der Halle. Mitgebracht haben die Idee zwei junge deutsche Unternehmer, Felix Bollen und Anton Borkmann, die bereits erfolgreich selbst gebrautes Bier in Londoner »Food Halls« (dort kennt man das Konzept deutlich länger) verkaufen.

Die alte Remise der Badner Bahn in Wien-Meidling dient seit Oktober als Kulisse für eine neue »Food Hall«. ­Die historische Architektur konnte man erhalten.
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Die alte Remise der Badner Bahn in Wien-Meidling dient seit Oktober als Kulisse für eine neue »Food Hall«. ­Die historische Architektur konnte man erhalten.

Olivenbäume und Palmen

Klappt das auch in Österreich? Imposant wirkt die Halle zum (Soft) Opening Mitte Oktober jedenfalls schon mal: Die Gäste speisen in einer aufgelassenen Remise der Badner Bahn, der Name »Gleis//Garten» nimmt Bezug darauf. (Die beiden Schrägstriche im Namen symbolisieren die alten Schienen, die auch jetzt noch Teil des Interieurs sind.) Die alte Fassade hat man erhalten und liebevoll aufgeputzt, innen ist alles neu, mit viel Holz und in warmen Farben gehalten. Dazwischen, und damit macht man dem »Garten« im Namen alle Ehre, hat man Olivenbäume aus Spanien und Palmen gepflanzt. Bis zu 900 Gäste will man hier gleichzeitig verköstigen, gemütlich wirkt es dank klugem Arrangement und wohldosiertem Einsatz der Hintergrundmusik dennoch.

Kulinarisch ist noch nicht alles auf Schiene. Daher auch das Soft Opening. Und ein bisschen Verspätung gehört in einer Bahnhofshalle in Österreich ohnehin dazu. Teil des Konzepts sei, beteuert man, ein »Labor für neue kulinarische Konzepte« zu bieten. Man wolle ein Ort sein, an dem die »Gastronomie der Zukunft« stattfinde. Heißt: Die jungen Gastronomen, die sich hier einmieten, werden rundum serviciert – vom Marketing bis hin zum Abwasch, von der Livemusik bis zu begleitenden Ausstellungen, die die Halle auch zu einem Ort der Kunst machen sollen. Im Gegenzug sind die Betreiber des »Gleis//Garten« am Umsatz beteiligt. Die großen Namen in der Wiener Branche hat man damit noch nicht überzeugt. Und doch ist da schon so manch Sehens- und Kostenswertes an den kleinen Gastroständen, die sich nebeneinander aufreihen: Die Auswahl reicht von Marokkanisch über Asiatisch bis hin zum BBQ, als Speisenbegleiter ist in erster Linie Bier vorgesehen (darauf verstehen sich die Chefs). Man will frisch »Vienna Kraft« brauen, die Tanks hinter der Zapfanlage sind daher auch bewusst integrativer Teil der Einrichtung.

Der kleine Marokkaner »Gnaoua Kitchen« macht etwa schon viel richtig. Die Cous-Cous-Bowls kann man sich hier nach dem Baukastensystem selbst mit Saucen, Toppings und Fleisch zusammenstellen. Wem das zu mühsam ist, der erhält auch vom Küchenchef kreierte Schüsseln wie die »Hypnotic Gnaoua«, die mit saftigem geschmortem Rindfleisch, gedörrten Zwetschken und gerösteten Mandeln kommt – empfehlenswert. Der Hummus kann sich auch sehen lassen.

Den Griechen lassen wir nach einer ersten Verkostung ohne schlechtes Gewissen aus, dafür ist die römische Pinsa bei »Ragazzi, Pinsa!« so, wie sie sein soll, gleiches gilt für die Gyoza von »Papa Duck«. Und wer auf BBQ und Smoke-Aromen steht, ist bei »Trixie Kiddo’s« überhaupt richtig, die Beef Ribs sind auf den Punkt, das Pulled Pork ist wohltuend ausgewogen gewürzt.

Ob sich die Halle als »Labor« für kulinarische Konzepte dauerhaft durchsetzt, wird sich erst zeigen. Die ersten Experimente sind jedenfalls gelungen.

Mehr Informationen finden Sie auch bei falstaff.com/profi


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Erschienen in
Falstaff Nr. 09/2023

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Christoph Schwarz
Christoph Schwarz
Chefredakteur
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