Der Neusiedler See rittert seit vielen Jahren mit dem Bodensee um den Titel als größter See Österreichs. Besuchenswert sind beide.

Der Neusiedler See rittert seit vielen Jahren mit dem Bodensee um den Titel als größter See Österreichs. Besuchenswert sind beide.
© Burgenland Tourismus GmbH / Birgit Machtinger

Gourmet am See: Genuss-Hotspots an Österreichs größten Seen

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Am linken und am rechten Rand ist Österreichs Grenze »undicht«. Die größten Seen des Landes ignorieren nämlich staatliche Beschränkungen. Kulinarisch ist man ohnehin international ausgerichtet.

Der größte See Österreichs? Klare Frage. Aber es gibt keine eindeutige Antwort – dafür eine typisch österreichische: »Das kommt darauf an.«

Ist man Verfechter eines staatsterritorialen Reinheitsgebots, wird man beim Attersee landen, dem mit Abstand größten Binnensee Österreichs. Nimmt man es mit Auslandsbeteiligungen nicht ganz so ernst, wird die Antwort wohl Neusiedler See heißen, obwohl mehr als ein Viertel der See- und Schilfgürtelfläche in Ungarn liegt. Sind einem derartige Details egal, kann auch auf den Bodensee verweisen. Der ist mit knapp 540 Quadratkilometern zwar größer als Wien (und elfmal so groß wie der Attersee), wie viel der Wasserfläche allerdings zu Österreich gehören, weiß niemand so genau. Es gibt nämlich keine vertraglich festgelegte und völkerrechtlich anerkannte Grenzziehung.

Das gibt einer Feinschmeckertour an Bord des Raddampfers »Hohentwiel«, einem Boot der Bodensee Schifffahrt, einen besonderen Rahmen. Gefüllt wird er zudem von Heino Huber und seinen Kochkünsten. »Wir schwimmen nicht gegen den Strom, wir schaffen unser eigenes Meer an Möglichkeiten«, beschreibt der hochdekorierte Koch sein Credo – und auch ein bisschen den staatspolitischen Zugang der drei Seeanrainerstaaten zu Fragen möglicher Grenzüberschreitungen.

Stilvoll über den See: Der Schaufelraddampfer »Hohentwiel« bietet Reisen in besonderem Rahmen.
© Ingrid Schemminger
Stilvoll über den See: Der Schaufelraddampfer »Hohentwiel« bietet Reisen in besonderem Rahmen.

Auch die kulinarischen Möglichkeiten kennen im äußersten Westen wenig Limits. In allen drei Ländern erweist sich der Ufersaum als fruchtbare Zone für ­feinsten Genuss. Der kleine österreichische Abschnitt ist dabei keine Ausnahme. Im Gegenteil. »Gaumenspiele« nennt beispielsweise Thomas Scheucher seine an Kunstwerke grenzenden Kreationen, die er im »Guth« in Lauterach aus vorwiegend regionalen Zutaten zaubert. Sein Credo, um die Gäste zur Sensibilisierung ihrer geschmacklichen Wahrnehmung zu animieren? »Die Herausforderung besteht darin, den einzelnen Zutaten ihre Eigenheiten zu entlocken, sie durch ein raffiniertes Zusammenspiel verschmelzen zu lassen und ein unvergleichliches Erlebnis daraus zu machen.« Das gelingt schon beim Lesen des Angebots: Rehnüsschen aus heimischer Jagd mit Selleriepüree, Ländle-Kalbsrücken mit Erbsenmousseravioli, Bodensee-Zander mit Pfeffer-Pfirsich-Filets usw.

»Im Einklang mit der Natur und im Rhythmus der Jahreszeiten« – dieser Philosophie haben sich auch Andrea und Mike Schwarzenbacher im »Mangold« in Lochau verschrieben. »Liebe zur österreichischen Küche und neugierig auf internationale Raffinesse«, beschriebt man hier die hauseigene Grenzenlosigkeit, wenn es um das Entdecken spannender Aromen und »geschmacklicher Sensationen« (Mike Schwarzenbacher) geht.

Durch den Schilfgürtel

750 Kilometer vom Bodensee entfernt nimmt man es mit der staatlichen Grenzziehung schon genauer, wenn die Linie hier abschnittsweise auch mitten durch den dichten Schilfgürtel des Neusiedler Sees verläuft. Auf den Speisekarten ist ein derartiger Protektionismus freilich nicht zu finden. Die pannonische Küche versteht sich als grenzenloser, sich gegenseitig befruchtender und ergänzender Genussraum, in dem die Qualität insgesamt wächst. So hat sich die Palette ausgezeichneter Adressen in den letzten Jahren rund um den See beständig erweitert.

Insofern hält man es mit dem Nationalpark Neusiedler See–Seewinkel: Er wird noch heuer um bis zu 150 Hektar größer. Sandlebensräume bei Illmitz werden in das Schutzgebiet eingegliedert. Es ist die größte Erweiterung seit 1999 und betrifft vor allem Flächen, die bei der Gründung des Nationalparks 1993 noch als Weingärten bewirtschaftet, inzwischen aber stillgelegt wurden. Dass man sich dennoch nicht um zu wenig Wein sorgen muss, dafür sorgt unter anderem Erich Scheiblhofer, der seit Traditionsweingut in Andau zu einem umfassenden Genussressort ausgebaut hat. In »The Scheiblhofer World« in Sichtweite zur ungarischen Grenze werden nicht nur auf über hundert Hektar pro Jahr ein rund zwei Millionen Flaschen umfassendes Wein-Sortiment produziert, sondern im »Infinity«-Restaurant des integrierten Hotels auch exquisites Fine Dining geboten.

Ebenfalls neu ist auf der anderen Seite des Sees das um Resort ausgebaute Seebad in Breitenbrunn. Das im Eigentum der Esterhazy-Stiftung stehende Areal firmiert jetzt unter »Neuer Strand« und beinhaltet mit »Der Libelle« auch einen den ganzen Tag über ansteuerbaren Genusshafen, wo es vom Frühstück bis zur asiatisch inspirierten Fusionsküche (Teriyaki-Beinfleisch, Steckerlfisch mit Wildkräutern) in einem modernen, lichtdurchfluteten Ambiente einen Bogen zwischen Aromen und Kulturen spannt.

Arrivierte Gourmetoasen

Mit arrivierten Gourmetoasen wie Max Stiegls schon legendär allumfassender, alles verarbeitender und pannonisch geprägter Küche im »Gut Purbach«, dem »Rusterhof« in der kleinen Freistadt, dem »Gasthaus zur Dankbarkeit« in Podersdorf oder dem »Presshaus« in Illmitz bietet der Neusiedler See als Burgenlands nächtigungsstärkste Tourismusregion eine kulinarische Auswahl, die das umfassende Weinangebot vielseitig ergänzt. Längst ist der prägende See mehr als nur das »Meer der Wiener«. Er ist, obwohl durchschnittlich nicht tiefer als eineinhalb Meter, Wassersporteldorado, bedeutendes Habitat für mehr als 300 verschiedene Vogelarten und öko- und hydrologisch hochsensible Salzlacken im »Seewinkel« – und als Nationalpark Paradebeispiel für eine grenzenlose Zusammenarbeit zwischen Österreich und Ungarn.

Und zwischen diesem »seenswerten« Ost- und Westpol Österreichs? Kann man am Aachensee in Tirol das Zusammenspiel zwischen dramatischen Gebirgsstöcken (Karwendel, Wetterstein, Rofan) und türkisgrünblauem Wasser bestaunen. Der See ist ein Sehnsuchtsort für Naturliebhaber und Bergfreunde, dem man sich auf Augenhöhe auf Schiff, Luftmatratze, Tretboot oder SUP-Board nähern kann oder aus der Vogelperspektive in einem (Tandem-)Paragleitschirm. Oder man spaziert einfach gemütlich am Ufer entlang und genießt das kulinarische Angebot zwischen Pertisau und Achenkirch.

Dort findet man beispielsweise in Armin Gründler einen Kreativkopf der Alpin-Aromaküche, der mit Sohn Alexander im Restaurant des Hotels »Alpin« ein eingespieltes Team bildet. Dass dem Sohn als Käsesommelier und Liebhaber seltener Weinjahrgänge eine entsprechende Abrundung des Speiseangebots wichtig ist, bringt dem Gast zusätzliche Genussmomente an der Nordspitze des Achensees.

Die Grenze zu Deutschland? Ist zwar keine zehn Kilometer entfernt, die knapp sieben Quadratkilometer Wasserfläche des »Meers der Tiroler« liegen aber vollständig in Österreich. Die Frage nach dem größten See Tirols ist damit zumindest eindeutig beantwortet.

Saisonale High-End-Gerichte mit internationalem Touch gibt es im »Mangold«. Auch die Weinkarte kann sich sehen lassen.
© Markus Gmeiner
Saisonale High-End-Gerichte mit internationalem Touch gibt es im »Mangold«. Auch die Weinkarte kann sich sehen lassen.

Adressen

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STEVE HAIDER
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Erschienen in
Falstaff Nr. 05/2024

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Klaus Höfler
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