Weil die Beziehungen zu Frankreich zunehmend schlechter wurden, suchten die Engländer Ende des 17. Jahrhunderts im Dourotal nach vinophilem Ersatz.

Weil die Beziehungen zu Frankreich zunehmend schlechter wurden, suchten die Engländer Ende des 17. Jahrhunderts im Dourotal nach vinophilem Ersatz.
© Andreas Grigoleit / Visum / picturedesk.com

Not macht erfinderisch: Die Erfindung des Portweins

Portugal

Wäre es in Europa in den letzten Jahrhunderten immer friedlich hergegangen, dann wäre der Portwein vielleicht nie berühmt geworden. Erst die Kontinentalsperre der Briten, die mit den Franzosen im Clinch lagen, brachte für den gehaltvollen Roten aus dem Dourotal den entscheidenden Durchbruch.

Dass im Nordwesten der Iberischen Halbinsel bereits in der Antike Reben wuchsen, davon weiß schon der Geschichtsschreiber Strabon zu berichten. An den Ufern des Douro-­Flusses ernteten die Römer im zweiten vorchristlichen Jahrhundert Trauben. Als 1143 das portugiesische Königtum entstand, entwickelte sich der Rebensaft schnell zum lukrativen Exportartikel. Der Begriff Port tauchte allerdings – erstmals urkundlich nachweisbar – erst in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts in England auf, genauer im Jahr 1678 als »Vinho do Porto«. Benannt wurde er nach der Hafenstadt, von wo aus man ihn verschiffte.

Dem vorausgegangen war ein Handelsstreit zwischen England und Frankreich, der mit einem Embargo für französische Weine am britischen Markt endete. Die Briten machten sich auf die Suche nach Ersatz, und fanden diesen in Portugal. Etwa 80 Kilometer von Oporto den Douro-Fluss aufwärts entdeckte man die robusten Rotweine, die sich nun, angereichert mit einem Schuss Brandy, auf den Weg nach London oder Bristol machten.

Allerdings darf diese »Schnapsidee« noch nicht mit dem bewussten Fortifizieren der Weine durch Beigabe von Brandy während der Gärung verwechselt werden, die heute für die Herstellung eines Portweins so unverzichtbar ist. Denn dieses bis heute gebräuchliche Verfahren kam erst wesentlich später in Mode. Die Portweine waren ursprünglich ebenso wenig fortifiziert wie Weine aus Bordeaux. Erst um 1850 hatte sich die heute gültige Methode des Aufspritens fast vollständig durchgesetzt.

Den gespriteten Portwein im heutigen Sinn gibt es erst seit Mitte des 19. Jahrhunderts.

Hauptmarkt England

Der Methuenvertrag, benannt nach dem englischen Sonderbotschafter John Methuen, den Portugal und England im Jahre 1703 abgeschlossen haben, legte fest, dass England auf portugiesische Weine ein Drittel weniger Einfuhrzoll legen würde wie auf jene aus Frankreich. Das führte dazu, dass sich immer mehr englische und schottische Händler direkt in der Anbauzone am Douro niederließen. Dazu gesellten sich einige Holländer und Deutsche, was sich bis heute in den Firmennamen der bekannten Portweinhäuser widerspiegelt.

Die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts war geprägt von einem ungemeinen Aufschwung des Handels mit Weinen aus dem Dourotal. Am Ende sorgten Spekulanten, Weinfälscher und Überproduktion für einen ebenso rapiden Niedergang. In der Stunde der Not betrat 1756 der Marquês de Pombal, seines Zeichens portugiesischer Premierminister, die Bühne und stellte den gesamten Portweinhandel unter staatliche Kontrolle.

Der grosse Reformer

Pombal ließ die »Companhia Geral da Agricultura das Vinhas do Alto Douro« gründen, die das Monopol zum Handel mit England und Brasilien erhielt, dazu auch jenes für die Erzeugung und den Handel für Branntwein. Der Marquês war gleichzeitig ein Visionär: Im gleichen Jahr wurden die Weingärten kartiert und mit Grenzsteinen markiert. 1757 entstand eine Klassifikation der besten Weingärten, also ziemlich genau 100 Jahre vor dem berühmten Classement von 1855 in Bordeaux. Ab diesem Zeitpunkt wurden die Trauben aus den besten Lagen für die Exportweine verarbeitet, die weniger wertvollen dienten dem Konsum am Heimmarkt. Der Portwein war bald gerettet und Pombal hatte mit seiner Idee das Herkunftsmarketing mittels »Appellation d’origine contrôlée« oder DAC vorweggenommen.


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Erschienen in
Falstaff Nr. 06/2024

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Peter Moser
Peter Moser
Chefredakteur Wein
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