Viel Lärm um Nichts am Teller.

Viel Lärm um Nichts am Teller.
Symbolbild © Shutterstock

8 Euro für einen leeren Teller: Symptom einer verschleppten Preiskrise

Wörthersee
Gastronomie
Preiserhöhung
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Interview

Eine Restaurantrechnung schlug große Wellen: Für einen leeren Teller wurden von einem Kärntner Wirten acht Euro verrechnet. Der Gastronom rechtfertigt den Aufpreis mit dem verbundenen Aufwand, Branchenvertreter stellen sich hinter ihn und sprechen von einer längst überfälligen Rechnung: »Wir sind Gastgeber, aber auch wir haben nichts zu verschenken.« Doch was, wenn aus leeren Tellern leere Tische werden?

Am Wörthersee sorgte Mitte August eine auf Facebook geteilte Rechnung eines Fine-Dining-Restaurants für hitzige Diskussionen. Auf seinem followerstarken Account ärgerte sich der Gast über einen »Räuberteller«, der ihm verrechnet wurde. Dabei handelte es sich nicht um eine Speise aus dem Menü »Für die kleinen Gäste«, sondern einen leeren Teller, den der Restaurantbesucher zum Teilen einer Vorspeise bestellt hatte. Kostenpunkt: 8 Euro. Das Wort »Räuberteller« ging schnell viral und sorgte in Zeiten der spürbaren Preissteigerung in der Gastronomie wenig überraschend für Empörung. Die Bereitschaft der Gäste für Zusatzleistungen in die Tasche zu greifen ist angesichts massiver Preisanstiege in den vergangenen Jahren klein, demgegenüber steht der Kostendruck in den Wirtsküchen – und der ist aktuell sehr groß, auch in der gehobenen Gastronomie.

»Für mich geht das rechnerisch nicht auf«

Abnoub Shenouda, der Betreiber des »Okto Dining«, reagierte auf die Welle der Entrüstung, die ihm nicht nur von den Ufern des Wörthersees entgegenschwappte: Im Gespräch mit ORF Kärnten verteidigte er seinen »Räuberteller« und betonte, dass es sich dabei nicht nur um einen »leeren Teller« handle. »Wenn ein Gast einen Extrateller verlangt, um eine Vorspeise zu teilen, bringen wir zwei Teller und Besteck. Das ist zusätzlicher Aufwand, der in einem kleinen Restaurant mit begrenzten Sitzplätzen ins Gewicht fällt«, erklärte Shenouda. In seinem kleinen Betrieb am prominenten Sommerstandort am See zähle jeder Sitzplatz und die Mindestkonsum pro Gast sei entscheidend, um wirtschaftlich arbeiten zu können. »Es gibt Gäste, die stundenlang bleiben, nur ein Wasser bestellen und sich dann eine Vorspeise teilen. Für mich geht das rechnerisch nicht auf,« so Shenouda weiter.

Verrechnetes Leitungswasser oder No-Show-Gebühren bei nicht wahrgenommenen Reservierungen weisen als Symptome einer verschleppten Preiskrise auf die tieferliegenden Probleme der Branche hin. Die seien historisch gewachsen und einer Wirtshauskultur geschuldet, die ihre Gäste nicht zulänglich zur Kasse gebeten habe, heißt es von Seiten der Branchenvertreter. Corona, Inflation, Energiekrise und Personalmangel hätten ihr Übriges getan, so Peter Dobcak, Sprecher der Wiener Gastronomie: »Die Menschen haben das Service und die Leistung zu einem sehr günstigen Preis als selbstverständlich erachtet.« Der hohe Kostendruck in der Branche zwinge Wirte zu »kreativen Lösungen« à la Räuberteller.

Stefan Sternad, Fachgruppenobmann der Gastronomie Kärnten, kritisierte im Gespräch mit Falstaff die Erwartungshaltung, dass Gastronomen Dienstleistungen kostenlos anbieten sollen: »Ein Dienstleistungsbetrieb wie Mechaniker, Friseur oder eben auch Wirt verkauft Waren und Dienstleistungen. Und wer meint, er bekommt Dinge gratis, hat das Grundwesen einer kaufmännischen seriösen Rechnung leider nicht einmal im Ansatz verstanden«, denn »jeder Handgriff« der Mitarbeiter koste den Unternehmer.

Preisanstiege in der Gastro weiterhin auf hohem Nievau

Die Debatte wirft die Frage auf, wie sich die Preisstruktur in der Gastronomie in Zukunft entwickeln wird und welche andere Wege die Branche finden muss, um erfolgreich zu wirtschaften. Sternad schlägt eine alternative Lösung vor, indem er eine Platzgebühr ins Spiel bringt, die auf die Konsumation angerechnet werden könnte. »Der 8-Euro-Teller ist ein Signal, dass man nicht an einem der Top-Spots einer Tourismusregion für einen Bagatell-Umsatz von ein paar Euro wertvolle Sitzplätze vergeuden kann,« so Sternad. Diese Maßnahme könnte es ermöglichen, die Rentabilität von Betrieben zu sichern, ohne dass Gäste für jede einzelne Serviceleistung extra zahlen müssen. Er betont, dass in stark frequentierten Tourismusregionen wie dem Wörthersee der Pro-Kopf-Umsatz für Gastronomen entscheidend ist, um wirtschaftlich überleben zu können. »Und wenn der nicht stimmt, hat der Wirt ein existenzielles Problem« Dobcak betont, dass es letztlich die Entscheidung der Unternehmer sei, welchen Weg sie wählen: »Wir sind Gastgeber, aber auch wir haben nichts zu verschenken. Es ist entscheidend, dass solche Kosten klar kommuniziert werden, damit der Gast entscheiden kann, ob er diesen Service in Anspruch nehmen möchte.«

Die Balance zwischen wirtschaftlichem Überleben und den Erwartungen der Gäste zu finden, wird immer schwieriger, insbesondere wenn von beiden Seiten der Gürtel enger geschnallt werden muss. Auch im Juli zählten die Preise für Restaurants zu den größten Inflationstreibern. Im Vergleich zum Vorjahr stiegen die Gastro-Preise um 2,9 %. Dass der »Räuberteller« am Wörthersee landesweit für Schlagzeilen sorgt, spiegelt auch die Tatsache wieder, dass die anhaltende Teuerung die Frustrationstoleranz der Bevölkerung ausreizt. Möge es bei leeren Tellern bleiben, und keine leeren Tische werden, denn ohne Gast, kein Wirt.


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Maximilian Tröstl
Autor
Redaktion
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