Winzer Oliver Zeter.

Winzer Oliver Zeter.
© Oliver Zeter/Büro Medienagenten

Schaumwein: Rebsorten, die gut prickeln

Schaumwein
Weinrebe
Sekt
Champagner
Prosecco
Franciacorta

Schaumwein wird lange nicht nur aus den bekannten Champagnersorten Pinot Noir und Chardonnay hergestellt. In vielen Ländern gibt es exzellente Prickler aus zuweilen exotischen Varietäten. Nicht wenige davon geraten exzellent.

Champagner gilt bis heute als der heilige Gral der Schaumweinwelt. Viele Winzerinnen und Winzer aus Deutschland, Österreich und der Schweiz orientieren sich an dem französischen Prestigeprickler. Logisch also, dass die Hauptrebsorten der Champagne – Pinot Noir und Chardonnay – auch die Grundlage für die meisten Top-Schaumweine im deutschsprachigen Raum sind. Immer häufiger trifft man jedoch Schaumweine aus ganz anderen Sorten an – inspiriert vom heimischen Sortenspiegel oder von Vorbildern aus anderen Ländern, die eben nicht Champagner sind.

Unabhängig von der Traubensorte sollten Grundweine für Schaumweine über einen eher tiefen Alkoholgehalt und eine prägnante Säure verfügen. Die Theorie besagt, dass die Trauben für einen Grundwein bei rund 80 Grad Oechsle respektive 16,5 KMW geerntet werden sollten. Etwas Spielraum nach oben gibt es noch, viel aber nicht. Ansonsten sind Probleme bei der zweiten Gärung vorprogrammiert. Der erhöhte Alkoholgehalt in Kombination mit dem hohen CO2-Druck in der Flasche hemmt die Vermehrung der Hefen und so ist es durchaus möglich, dass zu wenig CO2-Druck aufgebaut werden kann. Die hohe Säure, die bei tiefem Mostgewicht ohnehin gegeben ist, sorgt für die typisch frische Struktur bei Schaumweinen. Denn schwer soll ein Schaumwein ja keineswegs sein.

Die Mineralität macht’s

Die größten Schaumweine der Welt – wie auch die größten Weine allgemein – sind weniger Ausdruck einer Traubensorte als Ausdruck ihres Terroirs. Bei Schaumweinen ist es insbesondere die harmonische mineralische Struktur, die angestrebt wird. So verwundert es nicht, dass in vielen Ländern auch heimische Sorten versektet werden. In Österreich haben sich diesbezüglich die Rebsorten Grüner Veltliner, Zweigelt und Riesling etabliert – letztere natürlich auch in Deutschland.

Familie Steininger aus Langenlois im Kamptal ist bekannt für ihre reinsortigen Sekte aus heimischen Sorten. Sie produziert etwa aus der im gesamtem deutschsprachigen Raum verbreiteten alten Rebe Traminer einen Jahrgangssekt mit blumiger Sortentypizität bei gleichzeitig hoher mineralischer Spannung. Der Jahrgang 2020 dieses Schaumweins begeisterte die Verkoster der Falstaff Schaumwein Trophy 2023 so sehr, dass sie ihn mit 93 Punkten bedachte.

Mit nur einem Punkt weniger wurde der Godié Rosato vom Weingut Trapletti aus dem Schweizer Tessin bewertet. Der Wein, der in der Jury wegen seiner spürbaren Süße polarisierte, wird zu 100 Prozent aus der Traubensorte Nebbiolo hergestellt und verfügt über eine rosa Farbe sowie intensive Beerennoten. Nebbiolo ist im Tessin zwar rar – Trapletti gehört zu den wenigen, die ihn kultivieren – im benachbarten Piemont ist die Sorte aber allgegenwärtig. Dort sieht die DOC Nebbiolo d’Alba den Ausbau von Nebbiolo-Schaumweinen gar in ihrem Reglement vor.

Aus dem Piemont kommen auch der betörende Asti Spumante und der nur leicht perlende Moscato d’Asti. Beide Weinarten werden aus der Sorte Moscato bianco produziert. Diese in Frankreich als Muscat blanc à petits grains bekannte Sorte wird in Deutschland und Österreich als gelber Muskateller bezeichnet und ist auch dort in prickelnder Form anzutreffen. Allerdings oft weniger süß als die Version aus Italien.

Wie Moscato wissen auch andere Sorten aus klassischen Schaumweinländern bei uns zu überzeugen. So finden sich in den französischen Crémant-Weinen je nach Herkunft unterschiedliche, regionstypische Sorten. Der Crémant de Loire etwa wird gerne auf Grundlage des dort heimischen Chenin Blanc vinifiziert. Das deutsche Verkosterteam der Falstaff Sparkling Trophy 2023 hatte mit dem Chenin-Blanc-Sekt vom Pfälzer Weingut Oliver Zeter einen hervorragenden Schaumwein aus der Sorte im Glas. Der Wein mit Jahrgang 2019, der aber im Jahr 2023 degorgiert wurde, verfügt über eine eigenständige Aromatik von Thymian, Basilikum und Apfelmus sowie eine prägnante Säure, die für viel Saftigeit sorgt. »Positiv eigenwillig!« notierte die Jury zum Schluss und vergab 92 Punkte.

Die Falstaff Schaumwein Trophy 2023 führte auch echte Innovationen zutage. Dazu gehört sicherlich der Souvignier-Gris-Sekt vom Weinhof Scharl aus der Steiermark. Diese pilzwiderstandsfähige Neuzüchtung scheint sich auch als Sekt gut zu machen – der Wein erreichte ebenfalls 92 Punkte.

Stilfrage

Es sind aber nicht nur Traubensorten, die das Sektschaffen in unseren Breiten beeinflussen, sondern es werden auch Stile und Techniken importiert. Zu den bekanntesten Beispielen der letzten Jahre gehört sicherlich der Pét Nat, respektive die Méthode Ancestrale, die etwa beim restsüßen Clairette de Die an der Rhône oder beim Prosecco Col Fondo in Norditalien eine lange Tradition hat. In den letzten Jahren trifft man im deutschsprachigen Raum immer öfter auch rot gekelterte Schaumweine an. Diese erinnern fast zwingend an die traditionellen Lambrusco-Weine aus der Emilia-Romagna. Die aus den Traubensorten der Lambrusco-Familie hergestellten Weine – die es übrigens auch in Weiß und Rosé gibt – erleben derzeit eine Renaissance.

Als Spätburgunder-Rotsekt bezeichnet etwa das Weingut F.B. Schönleber aus dem Rheingau einen rot gekelterten Schaumwein aus Pinot Noir. Hier ist die Sorte als Rotwein erkennbar und die Aromatik mit Noten von Schokolade und dunklen Beeren sehr eigenständig. Wie viele rote Lambrusco-Weine zeigt dieser Wein eine präsente Säure und einen gewissen Gerbstoff, der von einer leichten Süße ausbalanciert wird. Die Herstellungsmethode mittels traditioneller Flaschengärung unterscheidet sich allerdings von den italienischen Pendants – diese werden entweder mittels Méthode Charmat im Drucktank hergestellt oder mit Zugabe von kühl eingelagertem Traubensaft im Frühling in der Flasche erneut zum Prickeln gebracht. Dieser sogenannte Rifermentato-Stil hat die Méthode Ancéstrale bei vielen Weingütern der Welt bereits abgelöst – das Schaumweinmethoden-Karussell dreht sich munter weiter.

Diese Trauben­sorten müssen Schaumweinfans kennen


Alle traditionellen Schaumweintypen werden aus spezifischen, definierten Traubensorten hergestellt. In der Champagne sind dies insbesondere Pinot Noir, Chardonnay sowie Pinot Meunier. Zugelassen sind aber auch die weißen Raritäten Arbane und Petit Meslier sowie Pinot Blanc und Pinot Gris. Bei den Crémant-Weinen sind je nach Region andere, meist heimische Traubensorten zugelassen. An der Loire unter anderen Sauvignon Blanc und Chenin Blanc oder im Elsass Riesling oder Auxerrois. Der spanische Cava wird meist aus den weißen, heimischen Rebsorten Xarel·lo, Macabeo und Parellada hergestellt. Doch auch Chardonnay, Garnatxa, Monastrell, Trepat und Pinot Noir sind erlaubt. Der italienische Schaumwein Franciacorta wird wie Champagner insbesondere aus Chardonnay und Pinot Nero hergestellt. Maximal 50 Prozent Pinot Bianco dürfen zudem enthalten sein. Bei der Rosévariante müssen 25 Prozent Pinot Nero verwendet werden, bei der Variante Satén ist Pinot Nero ausgeschlossen. Der beliebte Prosecco, der im Gegensatz zu den genannten Schaumweintypen meist mittels Tankgärverfahren entsteht, ist die Traubensorte Glera vorherrschend. Sie muss zu 85 Prozent Verwendung finden, zu 15 Prozent sind autochthonen Rebsorten (Bianchetta, Perera, Verdiso, Glera Lunga) oder internationalen Sorten wie Chardonnay, Pinot Bianco, Pinot Grigio und Pinot Nero zugelassen. In Österreich dürfen für die 2015 eingeführte höchste Schaumweinkategorie Sekt Austria alle für die Qualitätsweinproduktion zugelassenen Sorten verwendet werden – ganze 26 Weißwein- und 14 Rotweinsorten also. Bei Schaumweinen mit der Bezeichnung »Sekt aus Österreich« gibt es allerdings keinerlei Einschränkungen. Ähnlich in Deutschland, wo sich die für die Produktion von Qualitätsschaumweinen und Qualitätsschaumwein bestimmter Anbaugebiete (b.A.) genau definiert sind, für einfachere Qualitäten jedoch alle Sorten zugelassen sind. In der Schweiz schließlich ist die Sache einfach: Hier gibt es dazu keine näheren Bestimmungen und somit ist alles erlaubt.

 


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Erschienen in
Sparkling Special 2023

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Benjamin Herzog
Benjamin Herzog
Chefredaktion Schweiz
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