Die Farbe von Brunost kann von Karamell- bis Dunkelbraun variieren. Er wird in Blockform verkauft und mit einem Käsehobel in dünne Scheiben geschnitten.

Die Farbe von Brunost kann von Karamell- bis Dunkelbraun variieren. Er wird in Blockform verkauft und mit einem Käsehobel in dünne Scheiben geschnitten.
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Brunost: Norwegens Karamellkäse

Kulinarik
Käse
Norwegen
Skandinavien

In der wilden Landschaft Norwegens werden seit Jahrtausenden Nutztiere gehalten. Ihre Milch ist die Basis für die Herstellung von Käse, einem wichtigen Grundnahrungsmittel der Skandinavier. Besonders beliebt ist dort der Brunost, der aus karamellisierter Molke gefertigt wird.

Norwegens Landschaft beeindruckt mit hohen Bergen, dichten Wäldern und steilen Fjorden – es gibt aber auch viel Grasland. Seit Jahrhunderten nutzen die Einwohner dieses, um Milchtiere zu ernähren, besonders Kühe und Ziegen. Das karge Land mit langen Wintern und kurzen Sommern liefert nämlich nicht viel Gemüse und Getreide, weswegen es für die Bevölkerung lange nötig war, ihre Ernährung mit Milchprodukten aufzuwerten.

Lange war deren Herstellung in ­Norwegen vor allem auf den Sommer beschränkt. Während der langen, harten Winter wurden die Tiere in Ställen gehalten, mit Heu gefüttert und gaben nur wenig Milch. Zum Ausgleich zogen die Bauern mit ihren Kühen und Ziegen im Sommer auf saftige Weiden in abgelegenen Gebieten, wo sie in sogenannten »Seter« den Sommer verbrachten.

Ein Seter entlang der landschaftlichen Route Aurlandsfjellet in Norwegen
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Ein Seter entlang der landschaftlichen Route Aurlandsfjellet in Norwegen

Dort gab es in der Regel ein einfaches ­Gebäude, das als Schlafplatz, Käserei und Vorratskammer genutzt wurde, und einen Stall für die Tiere. Oft hatte eine Bauernfamilie auch zwei solche Seter, einen etwas weiter oben im Tal und einen hoch in den Bergen. Die Tiere wurden nach der Schneeschmelze im Tal aus den Ställen geholt und auf nahe gelegene Wiesen getrieben, bis der Schnee in höheren Lagen geschmolzen war und die Tiere kräftig genug waren, um einen längeren Weg auf sich zu nehmen.

Auf diesem wurden sie von einem Hirten oder einer Hirtin und einem Milchmädchen begleitet. Ersterer kümmerte sich um die Tiere, Letztere verwandelte die reichhaltige Sommermilch in Butter und Käse, um die Bauernfamilie im Winter zu versorgen. Die Milchprodukte wurden im Seter zwischengelagert, alle paar Wochen kam jemand aus dem Tal vorbei, um sie mitzunehmen.

Butter und Käse

Lange Zeit war das kostbarste Milchprodukt der Norweger nicht Käse, sondern Butter. Gesalzen war sie lange haltbar und machte auch ein einfaches Stück Brot zu einer köstlichen Delikatesse. Die nach der Buttergewinnung übrig gebliebene Magermilch machten die Bauern zu Sauermilchkäse, wie etwa Gamalost und Pultost.

 

Milchmagd Anne Hov kostete eines Tages den Molkenkäse einer Nachbarin und beschloss ein ähnliches Produkt herzustellen.

 

Zurück blieb die Molke, welche die Norweger, um sie nicht zu verschwenden, stundenlang einkochten. So lange, bis das gesamte Wasser verdampft war und eine braune Masse aus karamellisiertem Molkenprotein und -zucker im Kessel zurückblieb. Genannt wurde diese Masse Mysost, also Molkenkäse. Daraus entstand über die Jahrhunderte das heute beliebteste Milchprodukt der Norweger, der Brunost oder Braunkäse.

Erfindung des Karamellkäses

Der Moment seiner Erfindung ist genau überliefert: Eine Milchmagd namens Anne Hov arbeitete im Sommer 1863 auf dem Seter ihrer Eltern in den Bergen der Region Gudbrandsdalen nördlich von Oslo. Dort war sie für die Herstellung von Butter und Käse zuständig. Eines Tages kostete sie den Molkenkäse einer Nachbarin und beschloss, ein ähnliches Produkt herzustellen. Allerdings fügte sie der Molke vor dem Einkochen etwas Rahm zu.

Schnell wurde dieser cremige Molkenkäse zum Kassenschlager. Später kam sie auf die Idee, dem Rezept noch Ziegenmilch hinzuzufügen. Der Braunkäse Gudbrandsdalsost wird bis heute nach ihrem Rezept hergestellt, er ist der beliebteste Käse Norwegens. Dank Hovs Erfindung erlebte das Gudbrandstal in den Folgejahren einen beeindruckenden wirtschaftlichen Aufschwung.

Die Geburt des Käsehobels

Eigentlich ist Braunkäse gar kein Käse, denn er besteht nicht aus Milch-, sondern aus Molkenproteinen und Rahm. Der Käse, der im Zuge der Brunost-Herstellung anfällt, wird heute wenig geschätzt und günstig als ungereifter weißer Magerkäse verkauft. Brunost selbst aber wurde in den letzten 150 Jahren vom Nebenprodukt zum Verkaufsschlager. Er wird in ganz -Norwegen hergestellt, sowohl von traditionellen Käsereien auf Setern als auch im großen Stil von industriellen Produzenten.

Die Erfindung des Käsehobels ist dem Braunkäse zu verdanken. Tischler Thor Bjørklund fertigte in den 1920er-Jahren das erste Modell.
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Die Erfindung des Käsehobels ist dem Braunkäse zu verdanken. Tischler Thor Bjørklund fertigte in den 1920er-Jahren das erste Modell.

Neben Anne Hovs Gudbrandsdalsost aus Kuhmolke, -rahm und Ziegenmilch gibt es auch Versionen, die nur aus Ziegen- oder Kuhmilch bestehen. Brunost wird entweder als streichfähige Version – Primost – in Tuben verkauft oder schnittfest gemacht, indem die Masse nach dem Kochen zum Auskühlen in viereckige Formen gepresst wird.

Gegessen wird er gerne auf gebuttertem dunklem Brot, Knäckebrot oder norwegischen Waffeln, oft in Kombination mit Beerenmarmelade. Mit einem Käsehobel wird er dafür in feine Scheiben geschnitten. Der Hobel, den man heute weltweit kennt, wurde übrigens in den 1920er-Jahren spezifisch für die Zerkleinerung von Brunost erfunden. Der Tischler Thor Bjørklund fertigte frustriert das erste Modell, da er es nicht schaffte, den Käse mit dem Messer in dünne, regelmäßige Scheiben zu schneiden.

Brunost auf Waffeln mit Beerenmarmelade
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Brunost auf Waffeln mit Beerenmarmelade

Auch gekocht und gebacken wird mit Brunost. Beliebt ist ein »Fondue« aus Braunkäse, in das Früchte getunkt werden. Auch herzhafte Gerichte verfeinert er, als Zutat im norwegischen Rentiereintopf sorgt er etwa für eine samtige Textur und süßliche Noten. Beliebte Begleiter gibt es zum Brunost zwei: zum Frühstück kräftigen Kaffee, nach dem Mittag gerne Aquavit, den berühmten norwegischen Schnaps mit Kümmel- und Dillaroma. Skål!


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Erschienen in
Falstaff Nr. 05/2024

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Larissa Graf
Larissa Graf
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