(c) UBM

Thomas G. Winkler: »Holzbau ist ein Katalysator zum Umdenken«

In den letzten zwei Jahren ist bei der UBM Development AG kein Bauklötzchen auf dem anderen geblieben. Mit einem Anteil von 77 Prozent am Gesamtportfolio ist die UBM gerade dabei, sich zu einem der größten Holz-Developer Europas zu entwickeln. Ein Gespräch mit dem CEO Thomas G. Winkler.

29.08.2024 - By Wojciech Czaja

LIVING Auf Ihrer Landingpage steht: »Green. Smart. And more.« Ich würde die drei Begriffe mit Ihnen gerne durchdeklinieren. Was ist das Grüne bei UBM?

Thomas G. Winkler Das Green bezieht sich vor allem auf den Holzbau. Wir haben derzeit 300.000 Quadratmeter Holzhybridbau in Entwicklung, in Planung und in Umsetzung. Außerdem haben wir uns entschieden, fossile Brennstoffe zu vermeiden und vor allem auf Geothermie zu setzen.

Was ist das Smarte?

Dass wir dem User jene Technologien mitliefern, mit denen er das Gebäude am besten und effizientesten nutzen kann. Zum Beispiel, indem er am Smart Display einstellen kann, dass nur die Räume belüftet werden, die auch wirklich besetzt sind und benützt werden. Das spart Energie, Geld und CO2.

Und was ist das Mehr in Ihrem Slogan?

Unser Anspruch, nicht nur ökologisch und ökonomisch nachhaltig zu sein, sondern auch Schönheit, Identität und Geschichten mitzuentwickeln.

UBM galt lange Jahre als klassischer Wohn-, Hotel- und Office-Entwickler. Vor zwei Jahren haben Sie begonnen, einen bewusst nachhaltigen Weg einzuschlagen. Wie kam es dazu?

Das ist aus der Not heraus entstanden. Im März 2020, am Beginn der Pandemie, sind wir vor der Frage gestanden, ob das nur eine kleine Vogelgrippe in Fernost ist, die bald wieder vergeht, oder aber ein Game-Changer, der massive Auswirkungen auf unser aller Leben haben wird. Nachdem wir ein börsennotiertes Unternehmen sind und unseren Stakeholdern dienen müssen, war klar: Wir können nicht hoffen und spekulieren, wir müssen handeln.

Das ist ein ziemlicher Turnaround in ziemlich kurzer Zeit. Wie kamen Sie hier an die nötige Expertise?

Ich wage zu behaupten, dass wir uns in den Jahren zuvor schon gut aufgestellt hatten und einen Großteil der Expertise bereits inhouse abdecken konnten. Zudem hatten wir das große Glück, dass wir mit Bernhard Egert einen Holzbau-Spezialisten und einen wahren Timber-Hero mit an Bord holen konnten. Um ihn herum haben wir dann eine Abteilung mit engagierten Akademikern und innovativen Handwerkern aufgebaut.

Timber Pioneer: In Frankfurts erstem Bürohaus in Holz-Hybrid-Bauweise werden Gesundheit und Nachhaltigkeit am Arbeitsplatz zum neuen State of the Art. Beeindruckende architektonische Details inklusive. timber-pioneer.de

(c) Sven Hasselbach

LeopoldQuartier: Auf rund 23.000 Quadratmetern entsteht Europas erstes Quartier in Holzbauweise und bietet Platz für Wohnungen, Büros und City-Apartments. leopoldquartier.at

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Holz- und Holzhybridbauweise sind heute meist teurer als herkömmlicher Stahlbetonbau. Mit welchen Mehrkosten kalkulieren Sie?

Mit etwa zehn Projekt Mehrkosten. In einer Vollkostenrechnung jedoch – also unter Berücksichtigung des Lebenszyklus inklusive Betrieb, Heizung, Kühlung und Lüftung – schneidet der Holzbau mittel- und langfristig besser ab. Der Holzbau ist aber vor allem ein Katalysator umzudenken und die Dinge anders zu machen als so, wie sie immer schon waren.

Eines Ihrer österreichischen Leuchtturm-Projekte ist das LeopoldQuartier in der Wiener Leopoldstadt. Wie genau kann man sich dieses Quartier vorstellen?

Das LeopoldQuartier ist ein grünes Stadtquartier am Donaukanal, das erste seiner Art in ganz Europa – in Holzbauweise errichtet, mit Wohnen, Büro, Gastronomie, Kindertagesstätte und diversen Shops. Das Projekt wird Wien wieder zurück auf die Landkarte der innovativsten Städte Europas katapultieren! Denn Fakt ist: Wien hat eine Unterversorgung an hochwertigen, EU-Taxonomie-konformen Büroimmobilien mit einer gewissen Größe und mit Qualitäten für New Work.

Wie weit ist das Projekt?

Am 16. April war Grundsteinlegung. Bei den Büroflächen haben wir bereits mit der Verwertung begonnen, bei den Wohnungen starten wir die Verwertung noch vor dem Hochsommer. Die Fertigstellung ist für Ende 2025 vorgesehen.

Mit welchen Preisen ist zu rechnen?

Die Mietpreise im Office-Bereich werden bei über 25 Euro pro Quadratmeter liegen. Die freifinanzierten Wohnungen liegen eher im obersten Bereich, mit Kaufpreisen um die 10.000 Euro pro Quadratmeter.

Im Jänner 2024 ist die Non-Financial Reporting Directive, NFRD, in Kraft getreten, die nun im Jahresrhythmus sukzessive immer mehr Unternehmen erfassen wird. Ist die UBM Development auch schon betroffen?

Nein, noch nicht. Mit 250 Mitarbeiter:innen liegen wir noch weit unter dem Schwellenwert zur NFRD-Verpflichtung. Allerdings haben wir uns diesem Standard freiwillig unterworfen. 2023 haben wir zum ersten Mal unseren Corporate Climate Footprint berechnen lassen. 50 Prozent unserer Finanzierungen sind mittlerweile grün. Und unseren ESG-Bericht für 2023 haben wir erneut von einer Wirtschaftsprüfungskanzlei auditen lassen.

Gelangen Sie mit Ihren Timber-Projekten leichter und billiger an Fremdkapital als noch vor einigen Jahren? Sind die Auswirkungen der EU-Taxonomie im Alltag schon spürbar?

Absolut! Die Banken arbeiten nicht mehr nur mit Credit-Ratings wie noch vor einigen Jahren, sondern auch mit ESG-Ratings. Ich bin davon überzeugt, dass die Berichterstattung im Non-Profit-Bereich schon bald wichtiger sein wird als jene im Finanzbereich. Am Bond-Markt gilt schon heute: You are green or you are out!

Erschienen in:

Falstaff RESIDENCES 01/2024

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