My City: Ein architektonischer Rundgang durch Brüssel
Bei der Hauptstadt Europas denkt man zuerst an Bürokraten hinter verspiegelten Glasfassaden und an die über-dimensionierten Bauten im EU-Viertel. Doch Brüssel ist selbst durch und durch inter-national: Mehr als 60 Prozent der Bewohner wurden im Ausland geboren – nur Dubai hat weltweit einen höheren Anteil. Und das sind eben nicht nur EU-Bürokraten. Diese Mischung aus Grauheit und Buntheit prägt die belgische Hauptstadt schon lange. Überall kollidieren Welten, so wie jene der Flamen und der Wallonen. Nicht immer ist alles in perfek-ter Harmonie, und das sieht -man der Stadt an: Prachtvoller Jugend-stil steht unvermittelt neben brutalen Bürotürmen – harte Gegensätze, die konfron-tativ wirken, aber gleichzeitig auch an belgischen Surrealismus à la René Magritte denken lassen. Ein produktives Arbeits-umfeld für Architekten wie das 2006 gegründete bunte Kollektiv Rotor.
Brüssel ist eine Stadt der harten und spannenden Kontraste.
»Die autonome Region Brüssel hat sich zu einer der progressivsten des Landes entwickelt«, erklärt Rotor-Gründungsmitglied Lionel Devlieger. »Da die Region so klein ist, können Gruppen wie wir direkt Einfluss ausüben, vor allem auf die Umweltpolitik.« Denn genau dort setzt Rotor an: Es ist eine Art Kombination aus Designern, Thinktank und Altwarenhandel. Die Gruppe arbeitet mit Recycling, rettet Bauteile aus Abbruchbauten und integriert sie in andere Projekte. Architektur ist die Neu-Organisation von Materialien, vom Türgriff bis zur Stadt. Belgisch-pragmatisch, belgisch-fortschrittlich und vor allem belgisch-surreal.