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Materialien aus erneuerbarem Kohlenstoff: »Texturen anstatt Hochglanz«

Markus Petruch und Dominik Walcher forschen an der FH Salzburg und haben für das Buch »Der Stoff, aus dem die Zukunft ist« 101 coole Ideen für Materialien aus erneuerbarem Kohlenstoff gesammelt. Im Interview erklären sie, warum die Materialwende auch Spaß machen und schön aussehen kann.

14.06.2024 - By Maik Novotny

Titelbild: Freundliche Handreichung: Markus Petruch (l.), Diplomingenieur für Holztechnologie, und Dominik Walcher (r.), Professor im Studiengang Design und Produktmanagement der FH Salzburg, präsentieren ihr Buch. fh-salzburg.ac.at

LIVING Wie kam es zur Idee, ein Buch über Produkte aus Naturstoffen zu machen?

Markus Petruch Ich habe mich in meiner Masterarbeit mit der Wahrnehmung der Forst- und Holzwirtschaft bei jungen Millennials beschäftigt und bin dabei auf das Thema Bioökonomie gestoßen. Das hat mich beschäftigt, und ich habe Dominik Walcher gleich mit hineingezogen. Mit nachwachsenden Rohstoffen beschäftigen wir uns am FH-Campus Kuchl schon lange. Denn beim Design geht es nicht nur um schöne Oberflächen, sondern um ganzheitliches Denken in Prozessen und Lebenszyklen. Wir wollen zeigen, dass man im Industriedesign große Hebel hat, um weg von der Materialverschwendung und hin zu einer Kreislaufwirtschaft zu kommen.

Was waren die Kriterien für die Auswahl der 101 Beispiele?

Dominik Walcher Es ist definitiv ein Sachbuch und kein Fachbuch. Es soll eine positive Haltung vermitteln, denn die Studierenden wissen sowieso schon, wie schlimm es um das Klima steht, und sie wollen etwas tun. Wir haben es uns bei der Auswahl nicht leicht gemacht. Manche Beispiele sind eher spekulativ oder im Kunstbereich angesiedelt, andere sind ganz pragmatisch. Es gibt sogar einen Porsche mit einer Karosserie aus Hanffasern – über den haben wir lange diskutiert!

Markus Petruch Wir sind nicht dogmatisch vorgegangen, wir haben spannende Storys gesucht, die man gut erzählen kann. Interessant ist, dass es viele Ideen früher schon einmal gab, bevor die Industrie von Erdölprodukten dominiert wurde. Biokunststoffe gab es etwa schon Mitte des 19. Jahrhunderts. Es lohnt sich, dieses vergessene Wissen wiederzuentdecken.

Welche Rolle spielt die Ästhetik der Produkte?

Dominik Walcher Bis vor Kurzem noch galt für Architekt:innen das »Everything goes«, und wo das Material herkam, war egal. Heute sehen wir, dass Einschränkungen auch kreativ machen können. Das kann in Richtung einer Bricolage-Ästhetik aus wiederverwerteten Teilen gehen oder der Schönheit des Unperfekten. Weniger Hochglanz, mehr Texturen.

Das Buch widmet sich dem erneuerbaren Kohlenstoff. Was unterscheidet ihn vom fossilen?

Markus Petruch Der Zeithorizont. Kohlenstoff aus nachwachsenden Rohstoffen, wie beispielsweise Pflanzen, erneuert sich in schnellen Zyklen, im Gegensatz zu fossilen Ressourcen, die Millionen von Jahren für ihre Neubildung brauchen. Wenn wir sie nach kurzer Zeit als Treibstoff oder Plastikverpackung verbrennen, bringen sie das Kohlenstoffgleichgewicht der Atmosphäre weiter aus der Balance. Beim Plastik werden gerade mal 14 Prozent wieder in den Kreislauf eingespeist, das ist ein großes Problem.

Dominik Walcher Man hört heute oft das Schlagwort Dekarbonisierung, aber im Grunde geht es um Defossilisierung. Denn es gibt auch den guten Kohlenstoff.

Erschienen in:

Falstaff LIVING 03/2024

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