(c) MVB Baukultur

Bayern: Revolution im Dorfleben

Das Familienunternehmen MVB Baukultur entwickelt Wohn- und Dorfsiedlungen im ländlichen Bayern. Und zwar meist in enger Diskussion und Zusammenarbeit mit der lokalen Bevölkerung. Der Prozess ist zeitraubend, aber auch preis-verdächtig und überaus gewinnbringend. 

25.06.2024 - By Wojciech Czaja

Titelbild: Klosteranger, Weyarn: Die Wohnsiedlung in der oberbayerischen Gemeinde Weyarn umfasst 70 Wohnungen für alle Generationen und orientiert sich ganz bewusst an den Bautraditionen im ländlichen Raum. Das vielfach ausgezeichnete Projekt ist eine wertvolle Alternative zum Einfamilienhaus. mvb-baukultur.de

Weich geschlungene Schotterwege, es knirscht unter den Füßen, links und rechts Hochbeete und neu gepflanzte Obstbäumchen, vorbei an Holzspalieren und blühenden Hecken, im Eingangsbereich des Hauses schließlich, direkt vor den Briefkästen, ein Bankerl zum Abstellen der Einkaufstaschen. Die Mehrgenerationen-Wohnsiedlung »Klosteranger« in der oberbayerischen Gemeinde Weyarn umfasst sieben Gebäude mit jeweils zehn Wohneinheiten und wirkt auf den ersten Blick ein bisschen wie ein kleines, neu geschaffenes Dorfzentrum. Dank dem unterschiedlichen Mix an Wohnungen in den Größen Small, Medium und Large ist eine große soziale Durchmischung zustande gekommen – von jung bis alt, von arm bis reich, von Single bis Großfamilie.

Wohnprojekt jenseits der Norm

Entwickelt wurde das außergewöhnliche Wohnprojekt vom bayerischen Familienunternehmen MVB Baukultur mit Sitz in Kolbermoor. Namens- und Initialgeber Max von Bredow, seines Zeichens ausgebildeter Maschinenbauer, stieg vor 14 Jahren in die Firma seines Schwiegervaters ein und verwandelte den Betrieb seither zu einem der spannendsten, hochwertigsten Wohnraum-Developer für den ländlichen Raum. Der Fokus richtet sich auf Dorfgemeinden in Bayern, hier vor allem im Münchner Umland. Architektur, Bauweise und Quartiersgestaltung wirken frisch und modern, orientieren sich bei näherer Betrachtung aber stets am jeweiligen Lokal- und Regionalkolorit. Und das liegt nicht zuletzt am MVB-Unternehmenskonzept. Denn: MVB plant die Projekte nie im Alleingang, sondern lässt die Bevölkerung mitreden. Im Rahmen von Stammtischen, Planungsgesprächen und dreitägigen, sogenannten Ideenwerkstätten vor Ort – meist in Kooperation mit dem deutsch-österreichischen Architekturbüro nonconform – können Nachbar:innen und Einwohner:innen ihre ganz persönlichen Wünsche, Ängste, Ideen, Bedürfnisse und Weltverbesserungsvorschläge einbringen, die dann auf die eine oder andere Art ins Projekt einfließen.

Gemeinschaftsarbeit Projektentwicklung

»Durch das Reden mit den Menschen entstehen plötzlich Ideen«, sagt von Bredow, »auf die ich selbst nie draufgekommen wäre. Manchmal werde ich in meinen Plänen und Vorhaben bestärkt. Manchmal passiert es aber auch, dass mir Anrainer klipp und klar ihre Meinung sagen und ich ein Projekt daraufhin adaptieren oder umplanen muss.« Der zeitliche Mehraufwand zahlt sich aus: Die Projekte erfreuen sich großer Beliebtheit und werden schnell verwertet, zudem hagelt es für MVB regelmäßig Preise und Auszeichnungen. Allein der Klosteranger in Weyarn wurde mit dem Polis Award und dem German Design Award 2020 gekrönt. Andere Projekte, andere Auszeichnungen. Ob das nun der Iconic Award, der Rethinking the Future Award oder der Preis für die besten Wohnbauten Deutschlands ist: Ein solches, vielfach publiziertes Projekt ist auch der Tannenhof in Bad Feilnbach. Der 8.000-Einwohner-Ort ist bekannt für seine Moorbäder, doch nachdem das Kurhotel Tannenhof in die Jahre gekommen war, wurde es eines Tages aufgegeben und abgerissen. MVB entschied sich, an dessen Stelle in Zusammenarbeit mit der Bevölkerung vor Ort eine neue Wohnsiedlung in Holzbauweise zu entwickeln. Heute umfasst der Tannenhof, der Ende 2023 fertiggestellt wurde, nicht nur 50 Wohnungen, sondern auch eine Arztpraxis, Kindertagesstätte, Coworking-Spaces, eine ambulante Wohn­gemeinschaft sowie das sogenannte Bad Feilnbacher Wohnzimmer, ein Dreh- und Angelpunkt für die gesamte Gemeinde. Damit ist der Tannenhof – wie viele andere Projekte auch – eine wertvolle Alternative zum Einfamilienhaus.

Klosteranger, Weyarn: Aus einigen der 70 Wohnungen hat man einen direkten Zugang in den Garten. Bauweise, Ausstattung und Oberflächen sind bewusst hochwertig – und somit ein Beitrag zur baukulturellen Nachhaltigkeit. Die Architektur stammt von Leupold Brown Goldbach Architekten. lbgo.de

(c) MVB Baukultur

Prälatur, Kloster Weyarn: In vielen Projekten werden auch alte Bausubstanzen revitalisiert. So wie zum Beispiel dieser alte Backsteinbau in der ehemaligen Prälatur, die heute ein Restaurant und 29 Wohnungen mit Blick auf den großen Rosengarten umfasst.

(c) MVB Baukultur

Spinnereipark, Kolbermoor: In unmittelbarer Nähe zur historischen Spinnerei entstand nach Plänen von Behnisch Architekten diese Wohnsiedlung mit bis zu 60 Quadratmeter großen Balkonen. Der letzte Bauabschnitt wurde 2022 fertiggestellt. behnisch.com, werndl-partner.de

(c) Archimage, Meike Hansen

Tannenhof, Bad Feilnbach: Brunnen, Bäumchen, Kopfsteinpflaster: Der neue Tannenhof umfasst 50 Wohnungen sowie diverse soziale und öffentliche Einrichtungen. Der Spirit orientiert sich ganz bewusst am Ländlichen und Altbewährten. Ideenwerkstatt: nonconform, Architektur: HKF Hölzl Knote Frischholz. nonconform.at, h-k-f.de

(c) Sebastian Schels

Erschienen in:

Falstaff RESIDENCES 01/2024

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