Manche der zwanzig Großklöster am Berg Athos sind wahre Trutzburgen des Glaubens. Besonders eindrucksvoll thront hoch über dem Meer das Kloster Simonos Petras.

Manche der zwanzig Großklöster am Berg Athos sind wahre Trutzburgen des Glaubens. Besonders eindrucksvoll thront hoch über dem Meer das Kloster Simonos Petras.
© Avaton Water

Reben im Garten der Mutter Gottes: Eine Reise zum Mount Athos

Die Anbaufläche der Rebstöcke, die inmitten der unberührten Natur des Berg Athos beste Trauben hervorbringen, ist sehr limitiert. Und doch haben es die Weiß- und Rotweine dieser winzigen Appellation auch außerhalb von Griechenland zu einiger Berühmtheit gebracht. Falstaff durfte die Weinkulturen am Heiligen Berg besuchen und war von diesem besonderen Ort beeindruckt.

Gerade einmal zwei Fährverbindungen gibt es, die Reisende auf den Mount Athos führen. Zumindest jene Wenigen, die überhaupt Zutritt erlangen. Um den imposanten Heiligen Berg, der sich an der Südspitze der östlichsten Halbinsel von Chalkidiki imposant 2.030 Meter hoch aus dem Meer erhebt, bereisen zu dürfen, gilt es so einige Voraussetzungen zu erfüllen. 

Der Athos gilt seit mehr als tausend Jahren als das Herz der orthodoxen Kirche und kann in mancher Hinsicht mit dem Vatikanstaat verglichen werden. Die Mönchsrepublik genießt fast völlige Autonomie vom griechischen Staat, die hier lebenden Geistlichen unterstehen dem Kirchenrecht und nur in Ausnahmefällen der zivilen Verwaltung und Rechtsprechung. Und: Zutritt haben bis heute ausschließlich männliche Geschöpfe – sowohl Menschen wie Tiere. Erstere dürfen ausschließlich mit einem stets nur für wenige Tage gültigen Besuchervisum einreisen, maximal zehn ausländische Pilger und Gäste erhalten pro Tag eine Einreisegenehmigung. Die zur Gastfreundschaft verpflichteten Klöster nehmen die Reisenden bis zu drei Tage kostenlos auf, dann muss man wieder abreisen. Gelebt wird nach strengen Regeln, der Tagesablauf ist traditionell. Die Mönche erwachen mit Tagesanbruch, sobald die Sonne im Meer versinkt, gehen sie zu Bett.

Berühmter Klosterwein

Zwanzig Großklöster bestehen heute auf dem Gebiet des Mount Athos, siebzehn davon sind griechisch-orthodox, hinzu kommen je eines im russischen, bulgarischen und serbischen Ritus. Dazu kommt eine Vielzahl von winzigen Mönchsbehausungen, Skites genannt, sowie Eremitagen, die oft wie Schwalbennester in den steilen Felswänden hängen.

Wir wissen: Wo Mönche sind, ist – so die örtlichen Gegebenheiten es zulassen – auch der Weinbau nicht weit. Schließlich spielt er nicht zuletzt in der christlichen Liturgie eine wichtige Rolle. Auch am Mount Athos eine jahrhundertealte Tradition, die sich bis auf die Zeit der ersten Klostergründungen zurückführen lässt. Hier entstand der berühmte Klosterwein »Monoksilitis Oinos«, erzeugt aus jener roten Rebsorte, die als Erste von den antiken Schriftstellern mit Namen genannt wurde, die Limnio.

Unter der Herkunftsbezeichnung PDI Mount Athos werden heute Weiß-, Rosé- und Rot- sowie Likörweine abgefüllt. Die am häufigsten anzutreffenden Sorten sind Assyrtiko, Athiri, Roditis, etwas Muscat Alexandria und, neben Limnio und Xinomavro, auch die französischen Sorten Sauvignon Blanc, Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc, Merlot und Grenache Rouge. Die Mönche haben ihr Wissen um den Weinbau über die Jahrhunderte bewahrt, aber auch die Weinkultur in ihrem Umfeld, auf ganz Chalkidiki, positiv beeinflusst. 

Doch lange vorbei sind die Zeiten, wo sich in manchen der Klöster mehr als tausend Brüder aufhielten. Reblaus, Weltkriege, Bürgerkrieg und Finanzkrise setzten eine Abwärtsspirale in Gang, die den heiligen Ort mehr und mehr entvölkerte, auch die Rebflächen wurden von der Natur zurückerobert. 

Das mediterrane Klima in Kombination mit dem Wasserreichtum am Mount Athos machen diesen Teil von Chalkidiki besonders für den Weinbau geeignet.
© Hilandar Winery
Das mediterrane Klima in Kombination mit dem Wasserreichtum am Mount Athos machen diesen Teil von Chalkidiki besonders für den Weinbau geeignet.

Die Wiederentdeckung

Es war die große Weinfirma Tsantali, die es sich zur Aufgabe machte, dem Wein von Mount Athos wieder Gehör und Anerkennung zu verschaffen. Zunächst wurde in den 1980er-Jahren ein Wein namens Agioritikos aus zugekauften Trauben entwickelt, der sich am griechischen Markt schnell als Verkaufsschlager entpuppte. In den 1990er-Jahren konnte Tsantali 80 Hektar geeigneten Grund vom Kloster Panteleimon in Metochi Chromitsa pachten und am Mount Athos neue Weingärten anlegen. Hier entstehen heute mit zunehmendem Alter der Rebstöcke wohl die besten Weine von Tsantali, die in mehrere Markengruppen gegliedert sind. Über dem populären Agioritikos, heute eine PDI Mount Athos, stehen qualitativ als nächster Schritt der weiße und rote Metohi, darüber dann der rote Abaton Gold aus Cabernet Sauvignon und etwas Limnio. Exklusiv aus den ältesten Reben entsteht der rare Spitzenrotwein namens Kormilitsa Gold. 

Und weil das Panteleimon-Kloster jenes der russisch-orthodoxen Kirche ist, wurde der Kormilitsa Gold zum offiziellen Wein des Kremls erkoren. Die Weingärten, die von Tsantali am Berg Athos betreut wurden, befinden sich in der Metochi Chromista, auf russisch Kormilitsa, ein direkt an der Grenze zu Griechenland liegendes Gut des Klosters Panteleimon. 

Auch die Mönche des serbisch-orthodoxen Großklosters Hilandar legen bei der Weinlese Hand an.
© Hilandar Winery
Auch die Mönche des serbisch-orthodoxen Großklosters Hilandar legen bei der Weinlese Hand an.

Avaton, Lebensquell am Heiligen Berg 


Der Begriff Avaton bezeichnet in der griechischen Sprache einen unerreichbaren, völlig unzugänglichen Ort – ein sehr treffender Begriff also für ein Produkt aus einer anderen Welt. Als UNESCO-Weltkulturerbe mit über 1200-jähriger Geschichte, als unberührte Halbinsel inmitten der nördlichen Ägäis, ist der Berg Athos mehr als nur ein schöner Flecken Erde. 

Dimitrios Babakos hat es geschafft, die 35 Quellen des Berg Athos zu erschließen und diese auch vor Ort abfüllen zu dürfen. In enger Abstimmung mit den dort lebenden Mönchen und der Republik Griechenland ist somit ein einzigartiges Projekt möglich geworden. Falstaff durfte die Mönchsrepublik besuchen und die Magie dieses Ortes, der auch unter dem Schutz der Charta von Natura 2000 steht, persönlich kennenlernen. 

Gespeist werden die Quelle von Regen- und von Schmelzwasser, die Berge ragen bis zu 2.000 Meter Seehöhe auf und sind im Winter schneebedeckt. Das Wasser durchdringt im Laufe der Jahre das brüchige Diorit-Gestein, wo es auf einer Tiefe bis zu fast 900 Meter eingelagert wird. Artesische Quellen fördern es wieder zutage.

Da die gesamte Republik ein völlig geschützter Bereich ist, wurde hier nur in sehr geringem Ausmaß Landwirtschaft betrieben, die Tierhaltung beschränkt sich auf einige wenige Hühner. Auch Verschmutzung durch Industrie gibt es hier nicht. Dank der fehlenden menschlichen Intervention gibt es hier im Boden also keine Nitrate, Nitrite oder Ammonium. Das Wasser ist weich, weist geringe Salzwerte auf und ist daher für Menschen mit Nierenproblemen gut verträglich. Das unberührte Ökosystem des Mount Athos garantiert ein pures Trinkwassererlebnis, wie es seit dem 13. Jahrhundert nur einer Handvoll Mönchen und deren wenigen Besuchern vorbehalten war. 

Seit dem Jahr 2021 ist dieses Wasser nun für alle verfügbar. In einer State-of-the-Art-Abfüllanlage wird es mit einem sehr niedrigem PH-Wert und geringen Natriumwerten direkt am Mount Athos in die Flasche gebracht.

avatonwater.at

Heimische und Weltsorten

Ein weiteres nennenswertes Klosterweingut ist Mylopotamos, ein vergleichsweise kleines Bio-Weingut der Mönche von Agios Efstathios, eine Klosterzelle, die bereits im Jahre 973 gegründet wurde und wohl seither den Weinbau pflegt. Anfang der 90er-Jahre wurde hier mithilfe des bekannten Önologen Thanos Fakorelis, der heute mit Paris Sigalas hinter dem Projekt Oeno P in Santorin steht, mit der Neuanlage von einigen Hektar Weingärten begonnen. Father Epifanios ist der Motor hinter diesem Projekt – und nebenbei Autor respektabler Kochbücher. Ihm zu Ehren wurde auch der elegante Limnio-Rotwein mit kleinem Merlotanteil auf seinen Namen getauft. Die Range umfasst heute je einen Weiß-, Rosé- und Rotwein, dazu einen halbsüßen Roséwein aus Muscat Hamburg namens Oenomeli sowie den fortifizierten Süßwein Nama, ein aromatischer und tanninreicher Wein aus Muscat Alexandria und Merlot. An der Spitze steht der Mylopotamos Epifanis, ein im französischen Barrique ausgebauter Limnio, der bereits international ausgezeichnet wurde. 

Wäre da nicht das azurblaue Meer, würden beim Anblick mancher Klosterburgen Gedanken an Tibet wach.
© Milopotamos
Wäre da nicht das azurblaue Meer, würden beim Anblick mancher Klosterburgen Gedanken an Tibet wach.

ora et labora

Bemerkenswert ist die Qualität vom serbisch-orthodoxen Kloster Hilandar. Der Bordeaux-Blend mit Namen Saint Sava’s Field bildet die Spitze, der beste Rosé der Halbinsel kommt aus diesem Weingut. Von auffällig guter Qualität zeigte sich die Gesamtpalette des Klosters Simonos Petras, die unter dem Namen Metochi Donta auf den Markt kommen. Metochia sind die Ländereien oder Filialen, die ein großes Kloster bewirtschaftet. Die Brüder haben sich hier einen Starwinzer der Region, nämlich Evangelos Gerovassiliou, zur Unterstützung geholt, die Weine sind auffällig in der Qualität und dazu noch sehr preiswert. Unter den weiteren Klostergemeinschaften, welche Flaschenweine – darunter Messweine und Süßweine – vermarkten, ist jene des Heiligen Großklosters Vatopedi zu erwähnen, hier setzt man auf französische Sorten wie Sauvignon Blanc, Syrah, aber auch Merlot und Cabernet Sauvignon. Weitere für ihren Weinbau geschätzte Klöster am Mount Athos sind Dochiariou, Sankt Nicholas, Karakallou und Xenofontos, in denen neben Wein eine Vielzahl anderer Produkte, darunter Ikonen, Pharmazeutika und Lebensmittel vom Olivenöl über Honig bis zum Würzsalz hergestellt werden.

© Pier Giorgio Carloni / Shutterstock

Reise-Infos


Wer den Mount Athos besuchen will, muss ein komplexes Prozedere durchlaufen: Männer (und nur sie) können eine Einreisegenehmigung (»Diamonitrion«) beantragen – frühestens sechs Monate und spätestens zwei Wochen vor dem Wunschtermin. Das geht nur telefonisch über das Pilgerbüro der Heiligen Gemeinde des Athos in Thessaloniki unter +30 2310 252578. Wurde der Termin bestätigt, muss er zusätzlich per Mail an athosreservation@gmail.com angefragt werden. Kopie des Reisepasses nicht vergessen! Für die Übernachtungen muss man die Klöster kontaktieren. Zwei Wochen vor dem Besuch muss die Anreise im Pilgerbüro Thessaloniki bestätigt werden, sonst verfällt die Vormerkung! Last but not least: rechtzeitig
im Pilgerbüro einfinden und Visum abholen.


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Erschienen in
Falstaff Nr. 03/2024

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Peter Moser
Peter Moser
Chefredakteur Wein
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