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20 Jahre Chef’s Irish Beef Club: 54 Spitzenköche feiern Jubiläum in Irland

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54 Spitzenköche aus insgesamt acht Ländern begaben sich Mitte Mai auf eine kulinarische Reise durch Irland. Dabei besuchten sie nicht nur ihre Produzenten vor Ort, sondern feierten auch das 20-jährige Bestehen des Chef’s Irish Beef Clubs.

54 Spitzenköche reisen drei Tage lang durch Irland. Was sich nach einer kulinarischen Klassenfahrt für die Elite der Gastronomie anhört, ist im Prinzip genau das. Weil die Klasse aber in den letzten Jahren zu groß geworden ist, machen sich die Köche aus den verschiedenen Mitgliedsländern in kleinen Gruppen auf die Reise, um Rinderzüchter, Austernfarmen und Bauernhöfe im ganzen Land zu besuchen. Am Ende der Tour treffen sie jedoch alle aufeinander, um sich auszutauschen – und vor allem, um gemeinsam zu feiern.

Sie alle sind Mitglieder des Chefs‘ Irish Beef Club’s (CIBC), einem Forum initiiert von der halb-staatlichen Handelsagentur Bord Bia, die dem irischen Landwirtschaftsministerium unterstellt ist. Seit 1994 fördert sie die Vermittlung und Vermarktung irischer Nahrungsmittel, Getränke und landwirtschaftlicher Erzeugnisse. Bord Bia versteht sich als Bindeglied zwischen irischen Erzeugern und den internationalen Märkten.

20-jähriges Jubiläum

Dazu gehört auch die enge Zusammenarbeit mit der gehobenen Gastronomie. Mehr als 90 Köche aus acht Ländern, darunter auch Deutschland und die Schweiz, haben sich bewusst für irische Lebensmittel in ihren Restaurants entschieden. Besonders irisches Rindfleisch nimmt einen Ehrenplatz in ihren Küchen ein. Verbunden sind sie durch den Chefs‘ Irish Beef Club, der ihnen unter anderem die Möglichkeit bietet, die Erzeuger und Ursprungsorte ihrer Lebensmittel persönlich zu besuchen.

Wolfgang Becker, Philipp Vogel und Mario Corti
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Wolfgang Becker, Philipp Vogel und Mario Corti

54 von ihnen reisten Mitte Mai aber nicht nur deshalb nach Irland, sondern auch um zu feiern: Der CIBC begeht in diesem Jahr sein 20-jähriges Jubiläum. Die Niederlande sind von Anfang an dabei, Frankreich folgte ein Jahr später. Heute zählen auch Belgien, Deutschland, Italien, Schweden, die Schweiz und die Vereinigten Arabischen Emirate zu den Ländern mit CIBC-Mitgliedern.

Typisch irisch

Aus Deutschland machten sich vier der insgesamt elf Mitglieder auf den Weg zur grünen Insel. Neu dabei: »Orania Berlin«-Küchenchef Philipp Vogel. Gemeinsam mit Fernsehkoch Kolja Kleeberg, Mario Corti (Executive Assistant Manager F&B, »Brenners Park-Hotel & Spa«) und Sternekoch Wolfgang Becker aus Trier reisten sie mit einigen italienischen Kolleginnen und Kollegen durch den Nordwesten des Landes. Typisch irisch wurde das Wiedersehen aber erst einmal mit einem Guinness begossen. Sláinte!

Peter Louët-Feisser verliebte sich vor mehr als 50 Jahren in die irische Küste.
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Peter Louët-Feisser verliebte sich vor mehr als 50 Jahren in die irische Küste.

Der Rest ist Geschichte

Zwar servieren sie in ihren Restaurants überwiegend irisches Weiderind, genauso sehr schätzen die Köche aber auch die Austern der Carlingford Oyster Company, dem ersten Stopp ihrer Reise. Auch hier feiert man in diesem Jahr ein Jubiläum: Seit 50 Jahren werden in dem kleinen Dörfchen Austern gezüchtet. Zu verdanken ist das dem Niederländer Peter Louët-Feisser, der Ende der 1960-er Jahre mit seiner Frau auf einer Holzjacht um die Welt segeln wollte. Allzu weit kamen sie nicht, verliebten sich in die irische Küste – und kehrten nie mehr nach Hause zurück. 1974 hörte Peter schließlich zufällig eine Radiosendung über Austernzucht – der Rest ist Geschichte. Heute führen sein Sohn Kian und dessen Frau Mary das Erbe weiter – seine erste Auster aß er mit fünf Jahren. Dass er in die Fußstapfen seines Vaters treten will, war schnell klar. »Wenn man einmal in diese Mühle drin ist, ist man gefangen«, scherzt er.

 

»Die Gezeiten sind unser Boss«

 

Drei Millionen Austern, etwa 300 Tonnen, werden jährlich auf den insgesamt 30 Kilometer langen Austernbänken vor der irischen Küste gezüchtet. Wo Kian die Köche nun in Gummistiefeln durch das Watt führt, um ihnen seinen »Kühlschrank« – die vorderen Bänke – zu zeigen, bedecken normalerweise fünf Meter Wasser die Muscheln. »Die Gezeiten sind unser Boss« erklärt er. An ihnen orientiert sich ihr Arbeitsalltag. Innerhalb von drei Jahren wachsen die Austern hier von einem Gramm auf bis zu 150 Gramm.

Mehr als 200 Austernfarmen zählt das Land insgesamt, und jede von ihnen überzeugt mit ihrem eigenen unverwechselbaren Geschmack, erklärt Kian. Dass ausgerechnet die Carlingford Austern auch außerhalb des CIBC in Deutschland so beliebt sind, ist Wolfgang Otto zu verdanken, Mitgründer und Geschäftsführer von »Otto Gourmet«. Im Jahr 2009 spielte er eine maßgebliche Rolle bei der Gründung des Deutschen Clubs und begleitete im vergangenen Jahr die jährlich stattfindende Reise, die auch in Carlingford Station machte. Er war begeistert – nicht nur von der »spektakulären Qualität« der Austern, sondern auch von Kian und Mary Louët-Feissers Nachhaltigkeitsphilosophie. Heute werden ihre Austern in Deutschland exklusiv von »Otto Gourmet« vertrieben.

So wenig Stress wie möglich

Von der Küste aus führt der Weg weiter ins Landesinnere. Etwa 60 Prozent der Inselfläche dienen als Weideland, auf dem die mehr als 7 Millionen Rinder – verglichen mit etwa 5 Millionen Menschen auf der Insel – den Großteil ihres Lebens verbringen. Nahezu alle irischen Bauernhöfe sind Familienbetriebe, und rund 50.000 Landwirte nehmen am Bord Bia-Qualitätssicherungsprogramm teil. Máiréad Kirk ist eine von ihnen. Im County Monaghan führt sie über ihren rund 40 Hektar großen Hof. Bei typisch irischem Regenwetter präsentiert sie – sichtlich stolz – ihre rund 100 Hereford-Bullen. Rund 220 Tage stehen sie hier auf der Weide und essen das beste und gleichzeitig kostengünstigste Futter: Gras.

© Carlingford Oyster Company

Bei Kirk steht die Pflege und Gesundheit der Tiere an oberster Stelle, denn das garantiert schmackhafteres und zarteres Fleisch. Das bedeutet unter anderem, dass ihr Vieh von der Geburt bis zur Schlachtung so wenig Stress wie möglich erlebt. Im Durchschnitt sind sie zweieinhalb Jahre alt, wenn sie den Hof verlassen, um geschlachtet zu werden. Das Ergebnis ist nachhaltig produziertes irisches Rindfleisch.

Legendäre Rockkonzerte

Die deutsch-italienische Reisegruppe beschließt ihren Tag auf der historischen Burg Slane Castle. Sie ist vor allem für ihre legendären Rockkonzerte bekannt geworden. Bands wie U2, Red Hot Chili Peppers, Guns n’ Roses, Metallica, oder auch Bruce Springsteen, Eminem, und Robbie Williams sind hier schon aufgetreten und haben Fans aus der ganzen Welt in das sonst eher verschlafene County gezogen. Doch nicht nur Musikfans kommen auf ihre Kosten; auch Liebhaber irischen Whiskys sollten Slane Castle für ihren nächsten Irland-Trip ins Auge fassen. Seit 2017 wird in der Slane Distillery der gleichnamige Whisky gebrannt. Das Wasser stammt aus dem angrenzenden Fluss, die Gerste wird auf hauseigenen Gerstenfeldern angebaut. Die Single Malt und Pot Still Whiskeys durchlaufen eine dreifache Destillation und reifen in verschiedenen Fasstypen heran.

Gespannt darauf, mehr über die Reiseroute ihrer Kollegen zu erfahren, freute sich die deutsche Reisegruppe besonders auf das Wiedersehen mit den Schweizern. In der Hauptstadt Dublin kamen sie zusammen, um in der Law Society of Ireland den Festakt, mit anschließendem Geburtstagsdinner, zu begehen. Dabei wurden auch die Besuche bei den Produzenten lebhaft diskutiert. Die Schweizer, darunter Sternekoch Fabio Toffolon, Head Chef des »The Hide Hotel« in Flims Marco Molle, und BBQ-Master Marco Ascone, besuchten mit Kollegen aus den Vereinigten Emiraten, den Marktführer für feinstes Dry-Aged-Rindfleisch aus Irland: John Stone. Sein grasgefüttertes Rib-Eye-Steak wurde bei der World Steak Challenge 2017, 2018 und 2019 mit einer Goldmedaille ausgezeichnet und ist in den meisten Küchen der anwesenden Köche zu finden.

Kulinarische Reise mit amüsanten Anekdoten

Dem CIBC gehört die Schweiz genau wie Deutschland seit 2012 an, einige von ihnen, wie Markus Gass, Wolfgang Becker oder Patrick Bittner gehören sogar zu den Gründungsmitgliedern. Sie blicken im Laufe des Abends mit ihren Kollegen auch auf die Irlandbesuche vergangener Jahre zurück, und teilten einige amüsante Anekdoten.

Auch die Speisekarte bot eine kulinarische Reise durch das Land, mit Zutaten von Mitgliedern des Bord Bia-Qualitätssicherungsprogramms und Produzenten, die am Origin Green-Programm teilnehmen. Durch regelmäßige Messungen und Auswertungen strebt Origin Green kontinuierlich danach, die Produktion nachhaltiger auszurichten und weiterzuentwickeln. Seit 2014 konnte im Rahmen des Programms der CO₂-Ausstoß pro produzierter Rindfleischeinheit auf Farmen um fünf Prozent reduziert werden. Zudem wurden in den letzten acht Jahren mehr als 875.000 Bäume auf den beteiligten Farmen gepflanzt.

Persönliche Goldgrube

Ein Gründungsmitglied des Origin Green Programm spielt dabei eine ganz besondere Rolle im Leben von Neu-Mitglied Philipp Vogel. Während es für seine Kollegen zurück an den Herd geht, hat er noch eine ganz besondere Mission zu erledigen. Gemeinsam mit zwei Kollegen aus den Vereinigten Emiraten besucht er den Produzenten Silver Hill Duck. Die hier gezüchteten Enten kann man Vogels persönliche Goldgrube nennen.

Die Peking Ente gehört nach Kreuzberg

Als er 2017 sein Luxus-Boutique-Hotel »Orania.Berlin« eröffnete, war schnell für ihn klar, dass ein Signature-Dish auf seiner Speisekarte nicht fehlen durfte – ein Gericht, für das die Menschen allein seinetwegen in sein Restaurant kommen würden. Dass es ausgerechnet die Ente wurde, nennt man wohl Schicksal. Schon Jahre vor der Eröffnung des »Orania« erfüllte sich Vogel einen lang gehegten Traum: Er arbeitete als Executive Chef im »Kee Club« in Shanghai und kam um das chinesische Weltgericht, die Peking-Ente, natürlich nicht herum. Und nachdem die Weihnachtsente im Eröffnungsjahr seinen Gästen auch noch im Sommer schmeckte, wusste Vogel: Die Peking-Ente gehört nach Kreuzberg. Seine eigene Version die »X-Berg Peking-Ente« macht heute rund 90 Prozent seines Restaurantumsatzes aus. Umso spannender war es für Vogel zu sehen, wo sie eigentlich herkommt, wie sie entsteht und wie entscheidend die Produktionsbedingungen für die Qualität sind, die er seinen Gästen serviert.

Neben den zahlreichen Anekdoten, die die besten Klassenfahrten ausmachen, erinnert der Chefs’ Irish Beef Club die Köche mit dem jährlich stattfindenden Treffen auch daran, dass ohne ihre Lieferanten und Produzenten, zu denen manche mittlerweile ein freundschaftliches Verhältnis pflegen, ihre Küchen nicht das wären, für das sie stehen und bekannt sind. Sie freuen sich schon auf ein Wiedersehen.


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Anna Wender
Anna Wender
Redakteurin
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