Marguita Kracht leitet das Zürcher «Baur au Lac».

Marguita Kracht leitet das Zürcher «Baur au Lac».
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«Baur au Lac»: Die Zukunft beginnt jetzt

Marguita Kracht ist jung und bereits Leiterin des Zürcher Fünf-Sterne-Hotels «Baur au Lac». Die junge Mutter bringt viel frischen Wind in das familiengeführte Unternehmen und repräsentiert eine neue Generation von Arbeitnehmern und Gästen.

In die Zukunft schauen, ohne dabei die Tradition zu vernachlässigen. Das ist Marguita Kracht wichtig. Die 32-Jährige verkörpert die siebte Generation der Besitzerfamilie des Zürcher Luxushotels «Baur au Lac», das sie seit zwei Jahren gemeinsam mit ihrem Vater Andrea leitet. Kracht ist sicherlich eine der jüngsten Personen hierzulande, die eine derartige Position besetzt. Geplant war dieser Schritt jedoch nicht, weder von ihr selbst noch von ihrem Vater. Kracht war viele Jahre im Ausland, studierte Wirtschaft in den USA und machte ihren Berufseinstieg bei der Wein- und Spirituosenabteilung des Luxuskonzerns Louis Vuitton Moët Hennessy in New York.

Obwohl die Hotellerie hierbei grundsätzlich keine Rolle spielte, gab es dennoch immer wieder Überschneidungen, die bei der jungen Frau etwas auslösten. «Ich wollte genau verstehen, wie es ist, wenn man jeden Tag operativ in einem Hotel tätig ist, und habe mich in die verschiedenen Bereiche eingearbeitet – vom Housekeeping über die Rezeption bis hin zum Restaurant», erzählt Kracht. Zu ihren Stationen gehörten unter anderem das Pariser «Four Seasons Hotel George V», das Londoner «Lanesborough» und die Hotelgruppe «Aman Resorts». Ausserdem war sie im Project Team des «The Peninsula London» tätig. Durch die Erfahrungen, die sie hierbei machte, begann sie die Prozesse im «Baur au Lac» zu hinterfragen und hatte irgendwann eine derart grosse Ideensammlung, dass bei ihr das Bedürfnis entstand, selbst im Familienunternehmen mit anzupacken.

Transformation

Während der Eintritt der nächsten Generation andernorts durchaus für Unstimmigkeiten sorgen kann, verlief er im «Baur au Lac» überaus harmonisch. Keine Selbstverständlichkeit, was Kracht zu schätzen weiss. «Die Zusammenarbeit mit meinem Vater ist toll! Wir sind uns charakterlich sehr ähnlich und respektieren einander. Könnte sein, dass es anders wäre, wenn wir dasselbe Geschlecht hätten. Vielleicht stösst man sich dann mehr aneinander», erläutert die junge Frau. Sicher ist, dass ihr Vater Andrea keinesfalls einer dieser Menschen ist, die alles beim Alten belassen. Zuletzt bewies er dies etwa bei der Transformation der alteingesessenen «Baur au Lac»-­Institution «Rive Gauche» zur modernen, schmucken Brasserie «Baur’s», die in Zürich mächtig einschlug.

Arbeitnehmer meiner Generation schauen auf das Gesamtbild und da muss vieles stimmen.
Marguita Kracht Baur au Lac.

Die nächste grosse Transformation ist bereits im Gange und an dieser arbeiten Vater und Tochter gemeinsam. Am 1. Januar dieses Jahres schloss man das mit zwei Sternen dekorierte Fine-Dining-Lokal «Pavillon» des Hotels, um es durch ein neues Konzept zu ersetzen. Im neuen «Marguita» setzt man auf ein mediterranes Konzept, das die Mittelmeer-Küche und das damit verbundene Lebensgefühl zelebrieren soll. Der Name «Marguita» ist übrigens nicht nur der Vorname von Andrea Krachts Tochter, sondern auch von dessen Mutter. Ein Name also, der den Bezug zur eigenen ­Tradition verkörpern soll.

Mit an Board sind das erfahrene «Pavillon»-Team um Küchenchef Maximilian Müller, Star-Sommelier Marc Almert und Restaurantleiter Aurélien Blanc. «Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass ein junger Chef wie Maximilian Müller, der bereits zwei Sterne erkocht hat, bei diesem Konzept mitzieht. Die Gäste der Generation X und Y wünschen sich eine entspannte und leichtfüssige Gastronomie, die den Fokus weniger auf ein andächtiges Menu legt. Genau das soll das ‹Marguita› verkörpern», berichtet Kracht. Durch das neue Konzept sieht sie zudem die Möglichkeit, neue, junge Mitarbeiter zu finden, die sich sonst vielleicht nicht trauen würden, in einem Fünf-Sterne-Hotel wie dem «Baur au Lac» anzuheuern.

Empowerment

Besonders seit Covid wird die Diskussion um fehlenden Nachwuchs in der Gastronomie und Hotellerie immer lauter, da die Branche hinsichtlich der Arbeitszeiten wenig flexibel ist und die Work-Life-Balance häufig auf der Strecke bleibt. Dessen ist sich auch Marguita Kracht bewusst, die mittlerweile selbst eine kleine Familie hat. Der Blick auf die Lehrvertragsabschlüsse der letzten zehn Jahre zeigt, dass immer weniger Jugendliche die Ausbildung als Hotelfachmann oder Hotelfachfrau, beziehungsweise als Restaurationsfachmann oder -fachfrau starten. Aber es gibt sie noch, die jungen Menschen, die für die Hotellerie brennen, und zu diesen gehört auch Marguita Kracht.

Als sie nach ihren Wanderjahren ins «Baur au Lac» zurückkam, wusste sie besonders zu schätzen, dass das Hotel familiengeführt ist und keinen grossen Investor im Rücken hat. «Dadurch, dass wir unabhängig sind, können wir deutlich flexibler agieren. Das bedeutet auch, dass wir junge Mitarbeiter viel gezielter fördern können», berichtet Kracht. Im Arbeitsalltag bedeutet dies unter anderem: Empowerment. Jeder Mitarbeiter kann und soll selbstständig Entscheidungen zum Wohle des Gastes treffen, ohne diese zuvor mit dem Vorgesetzten absprechen zu müssen. Für die Mitarbeiter im «Baur au Lac» wird aktuell ein neues Restaurant gebaut, zwar ohne Sicht auf den Zürichsee, dafür aber mit einer grossen Videoleinwand, die live überträgt, was sich gerade auf dem See tut. Am Ende, da ist sich Kracht sicher, ist es aber nicht so, dass man junge Mitarbeiter über bestimmte Benefits motiviert: «Arbeitnehmer aus meiner Generation schauen auf das Gesamtbild. Und da muss vieles stimmen.»

«Marguita»: Nomen est Omen


Das neue Lokal im «Baur au Lac»
Die Gastronomie befindet sich seit geraumer Zeit im Wandel und bewegt sich hin zu mehr Leichtigkeit und Entspanntheit, scheint es. Aus diesem Grund entschloss sich die Leitung des «Baur au Lac» Anfang diesen Jahres, das Sterne-Restaurant des Hauses – das «Pavillon» – zu schliessen und per Juni durch ein neues Konzept zu ersetzen. Für das Nachfolgerestaurant suchte man lange nach einem passenden Namen, der das mediterrane Konzept widerspiegelt. Inspiriert hat die Besitzerfamilie Kracht schliesslich die charmante mediterrane Tradition, Restaurants nach Frauen der Familie zu benennen. Eigentlich ist das Restaurant «Marguita» nach der 5. Generation benannt, der Mutter des Hotelleiters Andrea Kracht. Er passt nur zu gut, da seine Tochter, die ebenfalls in der Hotelleitung tätig ist, denselben Namen trägt und das Restaurant somit die Wurzeln und die Zukunft des «Baur au Lac» repräsentiert.

 


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Erschienen in
Food Zurich Special 2024

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Dominik Vombach
Dominik Vombach
Chefredaktion Schweiz
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