ÖHV-Generalsekretär Markus Gratzer © Florian Lechner

ÖHV-Generalsekretär Markus Gratzer © Florian Lechner

Tourismusbarometer 2024: Hohe Kosten belasten österreichische Betriebe

Trotz durchwachsener Stimmung bewahren Österreichs Tourismusbetriebe ihren Optimismus für die bevorstehende Sommersaison.

von Alexander Schöpf
06. Juni 2024

Es sind durchaus turbulente Zeiten, die Österreichs Tourismusbetriebe aktuell durchleben: Auf der einen Seite ist die Buchungslage gut, auf der anderen Seite rechnet man in den kommenden Monaten mit einer schlechteren Preisdurchsetzbarkeit und die Zinslage dämpft die Investitionsfreude. Der Personalmangel ist ein Dauerbrenner, den man unter anderem versucht mit verbesserten Arbeitsbedingungen entgegenzutreten. Beim Zukunftstrend Künstliche Intelligenz (KI) nimmt die Branche eine Vorreiterrolle ein (PROFI berichtete).

Kritische Bewertung

Die Stimmung in der Branche sollte also eher durchwachsen sein. Dennoch bewahren die österreichischen Tourismusbetriebe einen leichten Optimismus für die bevorstehende Sommersaison. Das zeigt der aktuelle »Tourismusbarometer 2024« von »Deloitte« und der »Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV)«. Mehr als 200 Touristiker:innen aus ganz Österreich teilen ihre Sicht auf die aktuelle Lage.

»Die ökonomische Lage des Tourismus wird von den Unternehmen heuer mit einer Gesamtnote von 2,87 besonders kritisch bewertet. Nur im Coronajahr 2020 war man diesbezüglich pessimistischer«, so Andreas Kapferer, Partner bei »Deloitte Tirol«. »Für die kommenden Monate befürchtet fast ein Drittel der Befragten, dass sich die Branche im eigenen Bundesland noch negativer entwickeln wird. Dem sollte man entgegenwirken, zumal der Tourismus aktuell die einzige Konjunkturstütze ist.«

Wiener besonders optimistisch

Befragt nach den Aussichten auf den Sommer geben sich die Befragten dennoch zuversichtlich: So erwarten 60 Prozent der Befragten ein Umsatzplus. Besonders optimistisch blickt man in Wien (1,93) auf die kommende Saison, Schlusslicht bildet die Steiermark (2,83). Die Tiroler Betriebe liegen mit 2,42 im Mittelfeld.

© Deloitte/ÖHV
© Deloitte/ÖHV

Gleichzeitig werden die Folgen der anhaltend hohen Inflation jedoch immer spürbarer. Denn trotz der zufriedenstellenden Buchungslage nehmen 83 Prozent der Tourismusunternehmen eine veränderte Preissensitivität bei ihren Gästen wahr, 25 Prozent rechnen mit einer schlechteren Preisdurchsetzung.

Kritische Kostensituation

Österreichs Tourismusunternehmen stemmen sich gegen die schwache Wirtschaftslage, doch die aktuelle Kostensituation geht nicht spurlos an ihnen vorbei: »Neun von zehn Betrieben berichten bereits von negativen Auswirkungen“, warnt ÖHV-Generalsekretär Markus Gratzer. Mit einem Wert von 4,31 wird die Kostensituation folglich von allen externen Einflussfaktoren mit Abstand am schlechtesten bewertet – und wiegt damit deutlich schwerer als die Arbeitsmarktsituation.

»Die Tourismusbetriebe haben sich mit dem Personalmangel arrangiert und können immer besser darauf reagieren. Die jahrelange Arbeit, die in ein gutes Arbeitsklima und attraktivere Arbeitsbedingungen gesteckt wurde, trägt Früchte«, analysiert Gratzer. »Das darf aber nicht über die generelle Problematik hinwegtäuschen. Wenn die Wirtschaft wie erwartet 2025 an Fahrt aufnimmt, wird der Personalmangel wieder drängender werden. Eine umfassende Arbeitsmarktreform ist dringend notwendig.«

Hohe Zinsen drosseln Investitionen

Im kapitalintensiven Tourismus gehen Instandhaltungen, Qualitätsverbesserungen sowie Angebotserweiterungen mit beträchtlichen Investitionen einher. Doch die hohe Inflation macht sich auch hier bemerkbar: Der Zugang zu Kreditfinanzierungen und die Umsetzung von Investitionsprojekten haben sich laut den Unternehmen ab 2021 kontinuierlich verschlechtert und erreichen heuer mit einer Note von 3,91 den bisherigen Tiefpunkt. Für zwei Drittel der Touristikerinnen und Touristiker ist es schwieriger geworden, Kreditfinanzierungen zu erhalten.

»Deloitte«-Experte Andreas Kapferer © die fotografen
»Deloitte«-Experte Andreas Kapferer © die fotografen

»Aufgrund des branchentypisch hohen Fremdkapitalanteils sind viele Betriebe derzeit massiv von den stark gestiegenen Zinsen betroffen und zeigen sich entsprechend zurückhaltend. Ursprünglich geplante Investitionen werden von fast der Hälfte der Befragten zurückgefahren«, erklärt »Deloitte«-Experte Andreas Kapferer.

KI birgt große Chancen

Trotz des finanziellen Drucks investieren viele Betriebe in die Zukunft – vor allem in den Megatrend KI. Der heimische Tourismus präsentiert sich hier als Vorreiter: Bereits vier von zehn Betrieben haben aktuell KI-Anwendungen in Verwendung. Davon ziehen bereits 82 Prozent Nutzen aus dem KI-Einsatz – etwa durch Zeitersparnis oder eine schnellere Kommunikation mit Gästen.

»Für den Tourismus birgt KI eine große Chance. Denn durch entsprechende Anwendungen kann nicht nur die eigene Arbeitgeberattraktivität gesteigert werden, auch die Gäste profitieren von den maßgeschneiderten Urlaubserlebnissen, schnelleren Buchungen und einem besseren Service. Es gilt hier unbedingt am Ball zu bleiben und die Vorreiterrolle in der heimischen Wirtschaft auszubauen«, betont Kapferer.

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